Die Abschaffung des Bargelds und die Folgen by Norbert Häring

Die Abschaffung des Bargelds und die Folgen by Norbert Häring

Autor:Norbert Häring
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Bastei Entertainment
veröffentlicht: 2016-03-10T16:00:00+00:00


Wem dient dieses System?

In einem der weltweit wohl meistgenutzten Einführungslehrbücher zur Volkswirtschaftslehre von Gregory Mankiw und Mark Taylor heißt es zur wundersamen Geldvermehrung durch das Bankensystem: »Anfangs mag die Schaffung von Geld in diesem Geldsystem zu schön erscheinen, um wahr zu sein.« Doch die beiden beruhigen die Studenten, indem sie darauf hinweisen, dass diese »wundersam« erscheinende Geldschöpfung aus dem Nichts keine Werte schafft, dass sie uns insgesamt nicht reicher macht: »Anders ausgedrückt bedeutet das, dass in dem Maß, in dem die Bank das Aktivum Geld schöpft, auch gleichzeitig Verbindlichkeiten für die Schuldner in gleicher Höhe entstehen. Die Volkswirtschaft ist nicht reicher als zuvor.«86

Hier beenden Mankiw und Taylor die Erklärung, obwohl es hier erst interessant würde. Die Bank schafft den Vermögenswert Geld für sich selbst und verleiht ihn gegen Zinsen. Davon bezahlt sie Gehälter, Boni und Dividenden. Im Gegenzug erhält jemand anderes eine Verbindlichkeit. Für die Gesellschaft wird so per Saldo kein Wert geschaffen, das stimmt. Aber für die Bankmanager und Bankaktionäre wird durchaus Wert geschaffen. Der Rest der Gesellschaft hat die Schulden. Kein mir bekanntes Lehrbuch erwähnt den immensen Gewinn, den die Banken aus ihrem Geldschaffungsprivileg ziehen. Näher als bei diesem abrupten Ende der Erklärung bei Mankiw und Taylor kommen sie diesem politisch heiklen Sachverhalt nicht. Dabei ist das für den Rest der Gesellschaft keineswegs unwichtig. Mit dem Geld, das die Banken für sich selbst schaffen, entstehen zusätzliche Ansprüche an die künftige Produktion der Volkswirtschaft. Was der eine beanspruchen darf, steht für die anderen nicht mehr zur Verfügung.

Haben Sie sich schon einmal gefragt, warum in Deutschland fast nur Banken hohe Wolkenkratzer bauen und warum auch in anderen Ländern die Skyline in der Regel von den Bankenvierteln geprägt wird? Banken können ihre Gebäude mit selbstgedrucktem Geld bezahlen. Gleichzeitig sind die Banken darauf angewiesen zu zeigen, wie gut es ihnen geht, damit man ihnen ihre Schuldscheine weiterhin ohne Zögern abnimmt und ihr Geldschöpfungsprivileg somit werthaltig bleibt. Da lässt man sich sein Domizil schon gern mal ein bisschen mehr »kosten« und macht es ein wenig protziger als nötig. Wenn sich solches Verhalten als Usus in der Branche herausbildet, wie ja tatsächlich geschehen, dann kostet es die einzelne Bank praktisch nichts. Denn selbst wenn Buchgeld, mit dem Bank A den eigenen Renommierbau bezahlt, an andere Banken wegüberwiesen wird und es sie dadurch Zentralbankgeld kostet, so machen die anderen Banken das ja wett, indem sie für ebenso repräsentative Bauten in vergleichbarem Umfang Geld schaffen und in Umlauf bringen. Dieses Geld fließt teilweise Bank A zu und gleicht den Zentralbankgeldabfluss im Großen und Ganzen wieder aus.

Beispiel Commerzbank: Sie ließ sich 1997 mitten im teuren Frankfurt vom Stararchitekten Sir Norman Foster den höchsten Büroturm Europas bauen, mit Wänden aus Glas und aufwendiger Technik, die es erlaubt, dass man sogar noch ganz oben in der Vorstandsetage die Fenster öffnen kann; einen Turm, der zu einem Drittel nicht aus Büroraum besteht, sondern aus Gärten. Der Steuerzahler durfte später die Bank mit vielen Milliarden retten. Nichtsdestotrotz gehören ihm die Commerzbank und der Prunkbau immer noch nicht und unter den exotischen Bäumen, die im Inneren wachsen, dürfen weiterhin nur die Commerzbanker flanieren.



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