Sonne über dunklem Land by Beverley Harper

Sonne über dunklem Land by Beverley Harper

Autor:Beverley Harper [Harper, Beverley]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Bastei Entertainment
veröffentlicht: 2017-02-28T23:00:00+00:00


Dyson Mpande wurde um 1.45 Uhr desselben Tages, an dem Tessa das Kloster verließ, ohne jede Vorankündigung freigelassen. Zwei Jahre lang war er in der Nähe der Stadt Pietermaritzburg gefangen gehalten worden, nachdem er zunächst drei Wochen im Gefängnis von Empangeni und weitere achtzehn Monate in Durban verbracht hatte.

Es war keine einfache Zeit gewesen, aber damit hatte er auch nicht gerechnet. Schon bei seinem Eintritt in die Umkhonto we Sizwe hatte er gewusst, was ihm im Fall einer Inhaftierung bevorstehen würde. Die Gefängnisse für die Schwarzen waren überfüllt und primitiv. Einige der Aufseher waren fair, aber die meisten waren ungebildet, ungerecht und sadistisch. Eine fatale Kombination, zumal sie sich einbildeten, das Gesetz auf ihrer Seite zu haben. Dyson war ebenso wie alle anderen, die an jenem Abend festgenommen worden waren, einige Male brutal verprügelt worden; er war beleidigt und beschimpft worden, war beinahe verhungert und hatte sich fast zu Tode gearbeitet. Das Leben war zu einem nicht enden wollenden Albtraum aus Schmerz, Angst, Dreck sowie Schlaf- und Nahrungsentzug geworden.

Mit jedem neuen Sträfling drangen Nachrichtenfetzen von draußen zu ihnen. Vor zwei Jahren, kurz nachdem man Dyson nach Pietermaritzburg transportiert hatte, hatte die Umkontho we Sizwe durch eine Serie von Bombenanschlägen vor Regierungsgebäuden auf sich und ihre Absichten aufmerksam gemacht. Niemand war verletzt worden, aber der Vorfall hatte einen tiefen Keil getrieben zwischen den Befürworter der Aktion, Nelson Mandela, und Albert Lutuli, den Präsidenten des ANC, der die Anschläge verurteilt hatte. Allerdings hatte selbst der so friedliebende Lutuli sechs Monate später, als Mandela inhaftiert und zu lebenslangem Freiheitsentzug verurteilt worden war, bekannt: »Niemand kann es mutigen, gerechten Männern verübeln, unter Einsatz von Gewalt nach Gerechtigkeit zu streben.«

Dyson und seine Mitgefangenen, die jede Nachricht, ganz gleich welcher Bedeutung, begierig einsogen, hatten sich damit getröstet, dass der Kampf um die Gleichberechtigung endlich einen Gang höher geschaltet worden war. Dies zu wissen, hatte ihre am Boden liegende Moral beträchtlich gehoben.

Und dann kamen sie um 1.45 Uhr morgens in seine Zelle. Der sich im Schloss drehende Schlüssel, der metallene Klang, mit dem die Tür aufflog, drang durch den dünnen Schleier seines unruhigen Schlafs. Das Licht ging an. Blinzelnd erkannte Dyson einen der Aufseher, der zu ihm herabsah.

»Steh auf, Kaffer!«

Die beiden anderen Zelleninsassen regten sich und öffneten die Augen. Als sie sahen, dass sich die Aufmerksamkeit der Wache auf Dyson richtete, rollten sie sich auf die andere Seite und versuchten weiterzuschlafen. Es gab ohnehin nichts, was sie für ihn hätten tun können.

Dyson rechnete damit, erneut zu einem ihrer willkürlich stattfindenden Verhöre gebracht zu werden, und stellte sich innerlich auf ein weiteres Trommelfeuer verbaler und körperlicher Misshandlungen ein. Stattdessen wurde er aus dem Gebäude geführt zum Haupteingang des Gefängnisgeländes. Eine kleine Tür, die in das schwere Holztor eingelassen war, öffnete sich geräuschlos, und er wurde hindurchgeschoben, in die Nacht hinaus. Dabei wurde kein Wort gesprochen. Dyson erwartete, dass ihm der Aufseher folgen würde. Er konnte es kaum fassen, als die schwere Tür hinter ihm zufiel und er allein war.

Sicher war das nur ein Trick. Vor dem Gefängnis regte sich nichts, keine bellenden Hunde, kein Laut.



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