So macht Kommunismus Spass - Ulrike Meinhof Klaus Rainer Roehl und die Akte Konkret by Bettina Roehl

So macht Kommunismus Spass - Ulrike Meinhof Klaus Rainer Roehl und die Akte Konkret by Bettina Roehl

Autor:Bettina Roehl
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Heyne
veröffentlicht: 2017-12-06T16:00:00+00:00


»Hitler in Euch«

Am 20. Mai 1961, zwei Monate nachdem Ulrike Meinhof die Chefredaktion übernommen hatte, schrieb sie in KONKRET einen provokanten Artikel über den gerade in Israel stattfindenden Eichmann-Prozess, der mit dem Suggestivtitel »Hitler in Euch« überschrieben war. Obwohl ihr Kommentar nur ein Begleittext zu einem Leitartikel des Autors Jörg Haas zum gleichen Thema ist, wird nicht der Leitartikel, der die industrialisierte Ermordung der Juden zum Thema hat und kritisiert, dass zahlreiche Nazis wieder in Ämtern sitzen, zum öffentlichen Diskussionsgegenstand, sondern die wenigen polemischen Worte Ulrike Meinhofs. Der Schlusssatz ihres Kurztextes endet mit der Formel: »Wie wir unsere Eltern nach Hitler fragen, so werden wir eines Tages nach Herrn Strauß gefragt werden.«26

Womit Ulrike Meinhof am Ende keinen Zweifel daran ließ, dass sie auch dieses für den Kalten Krieg ungeeignete Thema im Sinne ihres Klassen- oder Systemkampfes angegangen war. In Wahrheit verglich Ulrike Meinhof, wie man hier sieht, die Bundesrepublik nicht mehr nur mit der Weimarer Republik, sondern mit einer Art neuem Dritten Reich in statu nascendi. Man wünscht sich, Ulrike Meinhof hätte nicht geschrieben: »Hitler in Euch«, sondern »Hitler in uns«. Wer ist sie, die sie genauso deutsche Eltern hatte wie alle anderen Deutschen ihrer Generation und wie die Adressaten ihres Artikels, die allesamt zu dem Volk gehörten, das den Holocaust zu verantworten oder nicht verhindert hatte? Wer ist »Euch«? Wer ist diese ostfinanzierte 26-jährige Göre, die sich selber aus der Haftung ausnimmt und Deutsche in Gute und Böse teilt und kategorisiert?

Strauß wehrte sich gegen den von Ulrike Meinhof aufgestellten Vergleich zwischen Hitler und ihm. Er klagte. Im Juli 1961 begannen die Ermittlungen, die Staatsanwaltschaft beantragte die Eröffnung des Hauptverfahrens. Der Verteidiger Ulrike Meinhofs, der spätere Bundespräsident Gustav Heinemann, legte erfolgreich Widerspruch ein. Das Verfahren wurde in erster Instanz mit der Begründung nicht eröffnet, dass Ulrike Meinhof als Publizistin aufgrund der Pressefreiheit gerechtfertigt gehandelt habe. Das Landgericht Hamburg in zweiter Instanz entschied sogar, dass nicht einmal der Tatbestand der Beleidigung verwirklicht war.

Auch in Ostberlin wurde der Vorfall in der Akte KONKRET dokumentiert und mit folgender Notiz bedacht:

»29. März 1962

Betr.: KONKRET

KONKRET wurde die Anklageschrift für den Prozess Strauß gegen KONKRET zugestellt. Die Verteidigung hat Heinemann übernommen. Heinemann hat vorgeschlagen (die Anklageschrift ist sehr schwach), das Verfahren wegen Gegenstandslosigkeit ablehnen zu lassen. Er stützt sich dabei auf das Urteil in Nürnberg im Zusammenhang mit der Fibag-Affaire. Dort wurde dem Spiegel nicht untersagt, bestimmte Behauptungen weiterhin aufzustellen.



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