Snack Daddys Abenteuerliche Reise by Gary Shteyngart

Snack Daddys Abenteuerliche Reise by Gary Shteyngart

Autor:Gary Shteyngart
Die sprache: de
Format: mobi
Tags: Roman
Herausgeber: Berlin Verlag
veröffentlicht: 2011-12-30T23:24:43+00:00


20

Die Amerikaner sind am Zug

Die US-Botschaft lag im Schatten des ExxonMobil-Hochhauses, eines rechteckigen Neubaus, verkleidet mit lachsfarben getöntem Glas und verchromten Jugendstilgirlanden, die Dauerhaftigkeit und lockere Geschichtsverbundenheit ausstrahlen sollten. Die Botschaft selbst war in einem blassen alten Akademiegebäude untergebracht, wo einst zur Zarenzeit die Söhne der einheimischen Adligen erzogen worden waren. Nach den Angriffen auf die US-Botschaften in Afrika war der amerikanische Vorposten in Absurdistan hinter Schützengräben und Stacheldrahtverhau versteckt worden. Aber die Massen, die sich vor seinen Toren versammelten, hatten sich gut mit Seitenschneidern und dergleichen ausgerüstet und stürmten tapfer auf die Absperrungen los, als hätten die landenden Hubschrauber sie davon überzeugt, dass sie Statisten in einem Historienschinken aus Hollywood waren.

Es gab auch Ältere darunter, aber die meisten waren offenbar im College-Alter und hatten sich so lieb und amerikanisch angezogen wie möglich. Die Gründe, warum man sie an Bord eines der in der Luft hängenden Chinooks nehmen sollte, hatten sie auf Schilder geschrieben, zum Beispiel: GIRL, 21 JAHRE, NICHT PROSTITUTKA, HABE STUDENTENVISUM FÜR CALIFORNISCHE UNIVERSITÄT VON NORTHBRIDGE + FAMILIE MEINE HAT ÖL. Oder: BITTE NEHMT MICH MIT – GEHEIMPOLIZEI TOT MICH WEIL POLITISCH GEGEN DEBIL KANUK DIKTATOR. Oder: WE HALLIBURTON, KBR #1, GO HOUSTON ROCKETS! Oder: AMERIKA: WENN WIR DIR EGAL SIND, RETTE WENIG$TENS UN$ER ÖL. Ein graubärtiger Rentner hielt mein Lieblingsschild in die Höhe, abgefasst in perfektem Englisch, obwohl er aussah wie ein einfacher Arbeiter: WIR SIND NICHT SCHLECHTER ALS IHR, NUR ÄRMER.

»Achtung, amerikanische und EU-Staatsbürger, Platz machen«, rief Aljoscha-Bob und stieß die kleinen dunklen Absurdis rundherum zur Seite. Ich nahm seinen Kriegsruf auf, und selbst Timofej fing an zu rufen: »Amerikan und IIIH-JU Platza macha!«

Als wir unsere amerikanischen und belgischen Pässe hochhielten, durften wir uns sofort in eine V.I.P.-Schlange einreihen, wo die Ausreisewilligen größer, weißer und fetter waren – und rundherum mehr nach mir kamen. Nur der Hyatt-Direktor Larry Zartarian stach dunkel aus der Menge heraus; er versuchte, seine Mutter in die Arme eines Konsularbeamten zu stoßen, und schrie: »Zysten! Tödliche Zysten! Müssen sofort im Cedars-Sinai notversorgt werden. Meine Mutter wird Ihre Mutter sein! Nehmt sie bloß mit!« Die schwarz gekleidete Frau Mama (dem Sohn wie aus dem Gesicht geschnitten, nur der Schnurrbart war säuberlicher gestutzt) schrie zurück: »Nein, nein, ich will nicht! Er kann nicht ohne mich leben! Er weiß gar nicht, wie das geht. So ein Trottel ist das.«

Hinter ein paar Marines konnten wir Josh Weiner ausmachen, der geschäftig in ein Handy sabberte und mit einem Klemmbrett wedelte. »Weiner!«, rief Aljoscha-Bob. »Jahrgang 94!«

Weiner warf uns ein verlogenes Grinsen zu und winkte mit dem Klemmbrett, dann zeigte er auf seine Uhr, um uns zu bedeuten, dass er keine Zeit hatte. »Also wirklich!«, rief Aljoscha-Bob. »Muss ich erst an die Ehemaligenvereinigung schreiben?«

Der Diplomat seufzte, klappte sein Handy zu und kam zu uns herüber. »Also, Joshie, wie läuft das hier?«, sagte Aljoscha-Bob und legte Weiner ganz freundlich eine Hand in die Armbeuge. »Kannst du uns vielleicht in dem Flattervogel da unterbringen?«

»Was für eine Staatsbürgerschaft hat er?«, fragte Weiner und zeigte in meine Richtung, ohne mich anzusehen. Die vom Außenministerium reden nie direkt mit mir.



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