Siegfried, der Held by Rudolf Herzog

Siegfried, der Held by Rudolf Herzog

Autor:Rudolf Herzog [Herzog, Rudolf]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Folklore -- Germany, Siegfried (Legendary character)
veröffentlicht: 2007-07-31T16:00:00+00:00


Nacht war's, als Siegfried vom Pferde stieg. Und er gedachte seines Verwalters Alberich Wachsamkeit zu erproben und lärmte wie ein Trunkener am Tore und begehrte mit hämmernden Faustschlägen Einlaß.

Da öffnete sich mit einem Ruck die Pforte, und der wilde Zwerg sprang mit einer langen Eisenstange heraus und prügelte so fürchterlich auf Siegfried ein, daß dem Helden die Funken aus den Augen stoben, und er Island nie wiedergesehen hätte, wäre es ihm nicht gelungen, unter den hageldichten Hieben den wilden Zwerg beim Barte zu erwischen und fest in seine Arme zu reißen.

»Guten Abend, Freund Alberich,« lachte er dabei. »Ich sehe, Ihr seid immer noch gesund und munter.«

Da erkannte der Wütende seines Herrn Siegfried Stimme, und er ließ nach mit Strampeln und Fußtritten.

»Verzeiht,« bat er ganz außer Atem, »daß ich Euch ein wenig unwirsch begegnete.«

»Ein wenig?« lachte Siegfried und befühlte seine Beulen. »Gott soll mich behüten, wenn es einmal mehr als ein wenig geschieht.« Und er klopfte seinem getreuen Verwalter fröhlich die Schulter.

Dann befahl er ihm, eilends die Nibelungenritter zu wecken, und er wählte aus ihnen eine starke, glänzende Schar, und aus den Schätzen erwählte er so viel, als ein Rheinschiff fassen konnte, und am anderen Tage fuhr er mit den Schätzen und den Rittern wieder den Rhein hinab zum Meere, wo er sein Drachenschiff und seine Schiffsleute fand und eine schnelle Umladung erwirkte. Durch Sturm und Wogenprall ging die Meerfahrt gen Island.

König Gunther saß mit Hagen und Dankwart am Strande. Tief in Sorgen saß er, und keine Hoffnung war mehr in seiner Seele. Und sie sprachen unter sich von Siegfrieds Flucht und manch ein schlimmes Wort von dem Helden, der jetzt wohl schon die bergende Heimat erreicht hätte, während sie verzweifelnd den Tod erwarteten, schimpflich dazu, von eines Weibes Hand; der wohl gar das ganze Burgundenland sich zu eigen mache und sich prahlerisch auf Gunthers Thron setze.

So sprachen sie mit vergifteten Gemütern und glaubten nicht an Siegfrieds Treue, als Hagen aufsprang und erregt in die Ferne wies. Denn sein scharfes Einauge hatte am Horizont das Drachenschiff erspäht.

»Er naht, er naht!« rief er. »Siegfried kommt wieder!«

Da kehrte in König Gunthers Seele aller Hochmut zurück, und er erhob sich und sagte kalt: »Er hatte es geschworen.«

Eilig kam Brunhild aus den Toren der Burg, und ihre Ritter und Frauen folgten ihr mit staunenden Gebärden.

»Hohe Fürstin,« redete Gunther sie an, »rüstet Euch zur Reise nach Worms. Siegfried kommt, und ich wünsche nicht einen Tag länger ohne Eure Minne zu weilen.«

Mit starren Augen sah Brunhild dem heranschießenden Schiffe entgegen. Nun warf es Anker, nun schoben kräftige Hände die Laufplanken ans Land. Und Siegfried stand hochaufgerichtet an Bord und führte die glanzvolle Schar seiner Nibelungenritter vor Brunhild hin, daß die Mannen Brunhilds erbleichten, und wies lachend auf die aufgehäuften Schätze seines Schiffes.

»Ich habe daheim neue geholt, edle Königin. Es deuchte mir einfacher so.«

Geblendet blickte Brunhild auf die Reichtümer, bewundernd auf die auserlesene Ritterschar. Und willig ging sie an Gunthers Seite an Bord, zur Fahrt nach Worms, zur Hochzeit am Rhein.



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