Seeland. Per Anhalter zum Strudelschlund by Anna Ruhe

Seeland. Per Anhalter zum Strudelschlund by Anna Ruhe

Autor:Anna Ruhe
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Arena Verlag
veröffentlicht: 2014-12-19T00:00:00+00:00


20

Aufstehen!« Max schreckte aus dem Tiefschlaf hoch. Er hatte so fest geschlafen wie schon lange nicht mehr. Dieses schaukelnde Kissenlager war definitiv das gemütlichste Bett, in dem er seit Langem gelegen hatte, selbst wenn er sich nicht an die harten Polstersitze im Kustoh erinnerte oder an die Nacht in der Kiste.

Verschlafen betrachtete er Ari, der in bester Laune vor der Glaswand stand und gespannt nach draußen spähte. Im Bett nebenan gähnte Emma.

Die Bibliothek gegenüber war nicht mehr verschlossen, sondern hell erleuchtet. Durch den Eingang konnte Max in einen Lesesaal mit unzähligen Bücherreihen sehen, die sich über die Höhlenwände erstreckten. Sie standen in endlosen Nischen, die in die Steinmauern gemeißelt waren. Auch mitten in der Bibliothek ragten mehrere Felsbrocken auf, die zu Bücherregalen umfunktioniert waren. Dazwischen schwammen die Bibliotheksbesucher umher oder lehnten an Tischen, die ebenfalls aus den Felsen gehauen waren. Manche von ihnen leuchteten mit handgroßen Lumiroks in ihre Bücher.

Am Eingang ragte ein monumentaler Schreibtisch aus dem Felsen. Eine ältere Meerjungfrau saß daran und sortierte irgendetwas.

»Dann schauen wir mal, wie wir euch ins Wasser bekommen.« Ari musterte Max und Emma kritisch. »Bestimmt kann man sich in der Eingangshalle Wasserausrüstungen ausleihen. Ich frag da mal nach.« Schon war er aus dem Zimmer gestürmt.

»Was machen wir eigentlich, wenn wir hier nichts herausfinden?«, fragte Max.

Emma gähnte noch einmal herzhaft. »Wenn das hier nichts wird, finden wir einen anderen Weg.«

Max seufzte. »Das müssen wir dann wohl.« Er rieb sich die Augen. »Hast du nicht auch manchmal das Gefühl, dass das hier alles nur ein verrückter Traum ist und du gleich zu Hause in deinem Bett aufwachst? Ich frage mich die ganze Zeit, warum bei uns niemand von Seeland weiß. Wenn mein Vater zwischen Seeland und unserem Zuhause hin und her gependelt ist, hätten doch auch andere diesen Übergang entdecken können, oder?«

»Es ist schon sehr seltsam, dass er keinem davon erzählt haben soll. Hat deine Mutter denn nie irgendwelche Andeutungen gemacht?«, überlegte Emma.

»Nein, nie. Sie hat immer nur gesagt, sie wüsste nicht, warum oder wohin mein Vater verschwunden ist, fertig. Nach meiner Geburt ist sie nach London gezogen und hat seither nie von sich aus über ihn gesprochen. Als ich den Briefumschlag mit Mortensens Adresse gefunden hab, dachte ich erst, sie hätte mich mein Leben lang belogen. Mittlerweile glaube ich das nicht mehr. Das hier hätte sie mir nicht verheimlicht, das traue ich ihr nicht zu. So ist meine Ma einfach nicht.«

»Na ja, würdest du das glauben, wenn dir jemand von einer Welt wie der hier erzählt?«

Max zuckte die Schultern. »Wahrscheinlich nicht. Trotzdem muss es doch andere Menschen gegeben haben, die auch diesen Übergang gefunden haben. Wieso kennen wir zum Beispiel Meerjungfrauen, obwohl es bei uns gar keine gibt?«

Hinter ihnen flog die Zimmertür auf und Ari taumelte unter einem Turm aus Flossen und Schläuchen hinein. »Los geht’s, ihr Schnarchnasen!«, rief er durch das Gummigewirr. »Probiert die mal an, die müssten passen.« Er reichte Emma eine ausladende grüne Flosse und zwei dazu passende kleinere. Vor Max landete ein ähnliches Set in Dunkelblau.

Skeptisch hielt Emma die Flossen in die Luft.



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