Schwanengesang by Crispin Edmund

Schwanengesang by Crispin Edmund

Autor:Crispin, Edmund [Crispin, Edmund]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783832187040
Herausgeber: DUMONT Buchverlag
veröffentlicht: 2012-12-06T23:00:00+00:00


Kapitel 14

Als sie bei der Probe eintrafen, war diese an einem Punkt heillosen Durcheinanders angelangt, das unweigerlich in völligem Stillstand enden würde. Sie war ganz überraschend für fünf Uhr angesetzt worden; und da die meisten der Beteiligten davon ausgegangen waren, dass an jenem Tag keine Proben stattfinden würden und sich deswegen auf die Suche nach den Vergnügungen gemacht hatten, die Oxford an einem Nachmittag unter der Woche bereithält, klafften in der Besetzung erhebliche Lücken. Es gestaltete sich schwierig, wirkliche Fortschritte zu machen. Immerhin war der neue Sachs – ein fähiger Sänger, den Adam kannte und mochte – bemerkenswert schnell erschienen. Weil etwa ein Drittel des Orchesters abwesend war, führte Rutherston ihn in die Bewegungen ein, die er auf der Bühne zu machen hatte. Die restlichen zwei Drittel des Orchesters sowie der Chor und einige der Hauptdarsteller saßen mit Grabesmiene herum und verfluchten im Stillen Peacock, der ihnen untersagt hatte, nach Hause zu gehen mit der Begründung, die fehlenden Mitglieder von Besetzung und Orchester könnten noch eintreffen und ihnen so wenigstens eine Stunde der Probenarbeit ermöglichen. Adam war der Ansicht, dass Peacock durchaus Recht hatte, zog man in Betracht, dass die Premiere in weniger als einer Woche stattfinden sollte.

Im Zuschauerraum brannten nur wenige Lichter, trotzdem konnte man die Kassettendecke und den weißen Balkon des zweiten Ranges gut erkennen, in dessen Mitte eine beleuchtete Uhr eingelassen war. Zu beiden Seiten erstreckten sich Logen in strengem, beinahe sterilen Design mit blauen Samtvorhängen und gedämpfter Beleuchtung, während sich auf einem Wappen über dem stuckverzierten Proszeniumsbogen zwei junge Damen rekelten, spärlich bekleidet, anzüglich kurvig und mit schlanken Engelstrompeten ausgestattet, die sie an ihre Lippen hielten. (»Sie repräsentieren«, erläuterte Fen, »die Autorität der Universitätsaufsicht, die Oxfords Jugend zu Sittsamkeit und Mäßigung aufruft.«). Man konnte hören, wie sich Rutherston auf der Bühne bei George Green über das Benehmen der Lehrbuben während der Rauferei am Ende des zweiten Aktes beschwerte. »Sie trampeln herum«, sagte er, »wie ein Rudel Hirsche, das von einem Pekinesen angegriffen wird.« Im Orchestergraben gab ein Posaunist eine überaus glaubwürdige Imitation einer Spitfire im Sturzflug zum Besten, und ein Klarinettist übte verstohlen Jazz. John Barfield saß in der ersten Reihe des Parketts und verspeiste gerade eine große Orange.

Adam zog los, um sich bei Peacock zu entschuldigen, den er im Gespräch mit Mr. Levi in den Kulissen antraf. Mr. Levi war ein großer, freundlicher, polyglotter Jude, dessen Beherrschung der englischen Sprache beeindruckend – wenn auch manchmal nicht ganz korrekt – war.

»’allo Langley«, sagte er. »Was für eine schreckliche Verzögerung. Schrecklich, gar fabelhaft. Ich sag’s Ihnen gleich, ich konnte mit dem alten Schwindler auch nichts anfangen, den wer da abgeschaltet hat, aber wissen Sie, eine Stimme hatte er ja, sowas ’at man seit Schaljapin nicht ge’ört, famos, nicht wahr? Und nun«, sagte Mr. Levi nicht ohne Vergnügen, »essen die Sargwürmer seine Mandeln zum Abendbrot, diese kleinen schlauen Insekten.«

Adam stellte ihm Fen vor.

»Immerhin«, fuhr Mr. Levi gut gelaunt fort, »bringen wir die Oper trotzdem auf die Bühne.« Er klopfte Peacock aufmunternd auf den Rücken. »Der Maestro ’ier, der is’ gut.



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