Schroeder, Rainer M. by Mein Feuer brennt im Land der fallenden Wasser

Schroeder, Rainer M. by Mein Feuer brennt im Land der fallenden Wasser

Autor:Mein Feuer brennt im Land der fallenden Wasser
Die sprache: deu
Format: mobi, epub
veröffentlicht: 2012-04-10T13:51:54+00:00


Die nächste erzwungene Unterbrechung kam schon nach einem knappen Tagesritt, als sie den Conowongo Creek erreichten. Die gewaltigen Regenfluten der vergangenen anderthalb Wochen hatten den Conowongo, der gewöhnlich ein friedlich dahinfließendes Ge-wässer war, in einen reißenden Strom verwandelt.

»Wir müssen warten, bis der Wasserstand um einiges gefallen ist«, meinte Kleine Wolke beim Anblick des weiß schäumenden Flusses. »Bei dieser reißenden Strömung haben wir kaum eine Chance, das andere Ufer lebend zu erreichen.«

»Meine Schwester hat Recht«, erwiderte Sonne-hinter-den-Bergen. »Doch ich fürchte, dass wir auf ein Absinken des Wasserstandes nicht warten können. Wir müssen die Überquerung wagen, bevor es noch gefährlicher wird.«

Nachtauge nickte. »Es wird noch mehr Regen geben«, sagte er und deutete auf die dunklen Wolken, die den Himmel verfinsterten.

Sie berieten, ob sie das Risiko eingehen sollten. Die Gefahren, die mit einer Überquerung verbunden waren, sahen sie sehr wohl.

Aber die Aussicht, durch weitere schwere Regenfälle vielleicht noch einmal wochenlang festgehalten zu werden, wog nicht weniger schwer. Immerhin befanden sie sich nun schon seit mehr als zwei Monaten auf ihrem Weg nach Genishau und es lag noch einmal eine fast genauso lange Strecke vor ihnen.

Nach langer Beratung kamen sie zu dem einhelligen Entschluss, nicht länger zu warten und die Überquerung noch an diesem Tag zu wagen.

»Aber ich lasse Robby nicht hier zurück!«, erklärte Mary, noch bevor jemand sie darauf ansprechen konnte.

»Sei doch vernünftig, Schwester«, begann Singendes Wasser.

»Es geht wirklich nicht, dass…«

Sonne-hinter-den-Bergen, der Marys Ausdauer und Mut mittlerweile ebenso schätzen gelernt hatte, wie er mit ihrer Halsstarrigkeit in manchen Dingen vertraut war, fiel ihr ins Wort. »Lass nur«, sagte er mit einem spöttischen Lächeln. »So wie niemand den Wind mit seinen Händen fest zu halten vermag, so wenig lässt auch unsere junge Schwester Zwei-Fallende-Stimmen mit sich verhandeln, wenn es um ihren Hund geht.«

»Aiee, so ist es!«, bekräftigte Mary betont stur.

»Wir werden schon einen Weg finden, damit auch Robby auf das andere Ufer kommt«, versprach Sonne-hinter-den-Bergen mit einem feinen Schmunzeln.

∗ ∗ ∗

Dann band er Robby die Pfoten zusammen, setzte ihn in eines der stabilen Tragegestelle aus Weidengeflecht, in denen sie ihren Proviant transportiert hatten, sicherte den Hund durch weitere Stricke aus Rindenbast-und schnallte sich das Gestell auf den eigenen Rücken.

Da sie nur drei Pferde zur Verfügung hatten, auf die das Gewicht möglichst gleich verteilt werden musste, setzten sich Singendes Wasser und Kleine Wolke auf eines der Tiere, während Mary und Nachtauge auf das zweite stiegen. Einzig Sonne-hinter-den-Bergen hatte ein Pferd für sich allein, was bei seiner kräftigen Statur und dem Gestell mit Robby auf dem Rücken auch mehr als gerechtfertigt war.

Die Tiere weigerten sich erst, in den Fluss zu steigen. Sie scheu-ten, schnaubten verängstigt und wichen immer wieder vor den schäumenden Fluten zurück. Endlich aber folgten sie den Befehlen ihrer Reiter.

Die ersten vier Versuche scheiterten kläglich. Die Tiere verwei-gerten schon nach wenigen Pferdelängen den Gehorsam. Weder gutes Zureden, Schreien noch rohe Gewalt vermochte sie dazu zu bewegen, sich weiter vorzuwagen. Die reißende Strömung warf sie dann jedes Mal wieder ans Ufer zurück. Erst beim fünften Anlauf gelang es, die Pferde über jenen kritischen Punkt hinauszuzwingen, von dem aus es kein Zurück mehr gab.



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