Schneewittchens Tod by Brigitte Aubert

Schneewittchens Tod by Brigitte Aubert

Autor:Brigitte Aubert [Aubert, Brigitte]
Die sprache: de
Format: mobi, epub
veröffentlicht: 2011-03-18T23:00:00+00:00


Nachdem der Priester den kleinen ausgenommenen Hundekadaver betrachtet hatte, kehrten sie langsam in den Hof zurück. Costa schnitt noch immer die Lorbeerhecke, sein Mickymaus-T-Shirt war schweißdurchtränkt. Er lächelte Dubois an.

»Gehört er zu Ihrer Gemeinde?«, fragte Chib.

»Er ist einer der Gläubigsten«, bestätigte der Priester. »Er besucht jeden Samstag die Abendmesse. Ein frommer, aufrechter Mann.«

Der es mit dem ältesten Sohn des Hauses treibt, höhnte Chib innerlich, da kann man wohl von aufrecht sprechen …

Dubois seufzte.

»Ich muss gehen. Halten Sie mich auf dem Laufenden.«

Er stieg in seinen alten blauen Clio und fuhr los. Blanche war allein. Andrieu würde erst morgen zurückkommen. Chib könnte sich also durchaus in ihrem Zimmer verstecken und die Nacht mit ihr verbringen. Er könnte den Floride auf der D 9 parken und unbemerkt durch den Wald zurückkommen. Die Vorstellung, Blanche die ganze Nacht über in den Armen zu halten, ihr Gewicht auf seiner Schulter, ihre zarte Haut an der seinen zu spüren, ließ ihn vor Lust fast zittern. Eine völlig verrückte Idee. Es brauchte nur eines der Kinder mitten in der Nacht ins Zimmer zu kommen … Außer natürlich, sie würde die Tür abschließen. Hm.

Er ging zu ihr. Sie starrte noch immer in den Himmel, ihren Tee hatte sie nicht getrunken.

»Ich möchte mit Ihnen schlafen.«

»Ich möchte schlafen«, gab sie zurück.

»Heute Nacht«, fügte er hinzu.

Sie sah ihn an.

»Das ist gefährlich.«

»Mir egal.«

Sie erhob sich und strich ihren Rock glatt.

»Ich gehe gegen zehn Uhr zu Bett. Auf Wiedersehen, Monsieur Moreno.«

Sie reichte ihm die Hand. Er drückte sie kurz.

Draußen war es jetzt kalt. Er knöpfte seine Jacke zu. Costa machte ihm ein Zeichen: »Ich war bei Monsieur Osmond. Das Problem ist, dass Monsieur Andrieu nicht da ist.«

»Und?«

»Nun, ich glaube, dass es ihm nicht recht wäre, wenn die Polizei in seiner Abwesenheit hierher kommt. Ich habe Monsieur Osmond gebeten, sie erst morgen zu informieren. Für den Hund macht das auch keinen Unterschied mehr.«

»Aber vielleicht für die Indizien!«, protestierte Chib.

»Monsieur Andrieu ist der Herr im Haus«, warf Costa ein und verschränkte die Arme vor der muskulösen Brust. »Ich hoffe, Sie haben Madame nichts davon gesagt, sie ist schon so durcheinander genug.«

»Ich bin schließlich nicht blöd«, knurrte Chib.

In dem beredten Blick, den Costa auf ihn richtete, las er etwas anderes. Er beschloss, den Rückzug anzutreten. Unnötig, sich die Sympathien des Gärtners zu verscherzen.

Gaëlle hatte mehrere Nachrichten auf seinem Handy hinterlassen. Er hörte sie ab, während er über die D 9 fuhr. Sie konnte an diesem Abend nicht kommen, zu viel Arbeit. Das traf sich gut. Die Nachricht von Greg, der von einer geplanten Bootspartie mit Aïcha am kommenden Samstag sprach, kam ihm irgendwie irreal vor. Er war so sehr in der trüben, finsteren Welt des Landhauses gefangen, dass sein anderes Leben – sein normales Leben – nur noch eine lästige Erinnerung war. Er fand einen ruhigen Platz. Die von Platanen bestandene Zufahrt zu einem Anwesen, dessen verrostetes Tor aus den Angeln gerissen war und verhieß, dass es leer stand. Ein riesiger Magnolienstrauch garantierte Diskretion.

Er drehte um und fuhr Richtung Stadt. An einer Kreuzung entledigte sich ein Bus seiner Fahrgäste.



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