Schmutzige Kriege by Jeremy Scahill

Schmutzige Kriege by Jeremy Scahill

Autor:Jeremy Scahill [Scahill, Jeremy]
Die sprache: deu
Format: mobi, epub
ISBN: 9783888978883
Herausgeber: Verlag Antje Kunstmann
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


30 „Wenn sie unschuldige Kinder töten und sie al-Qaida nennen, dann sind wir alle al-Qaida.“

Washington und Jemen, 2009

Am 16. Dezember 2009 wurden führenden Vertretern der nationalen Sicherheit Akten mit den biografischen Angaben dreier angeblicher AQAP-Mitglieder übergeben, die das JSOC nach dem Willen Admiral McRavens durch gezielte Tötungen im Jemen beseitigen sollte. Ihre Codenamen lauteten Akron, Toledo und Cleveland. Das JSOC wollte in weniger als 24 Stunden zuschlagen und benötigte deshalb rasch eine Antwort der Juristen: Ja oder Nein. Der für die Genehmigung dieser Tötungen zuständige Ausschuss hatte kaum Zeit, die geheimdienstlichen Informationen zu sichten. Harold Koh, der juristische Berater des Außenministeriums, und sein Gegenspieler im Pentagon, Jeh Johnson, hatten angeblich vom Empfang der Akten bis zur Telekonferenz unter Führung des JSOC, in der die Entscheidung fallen sollte, gerade einmal 45 Minuten Zeit. Mit 75 Teilnehmern war diese Konferenz größer als die meisten anderen Treffen zur Besprechung der Zielauswahl. Die Regierung Obama war im Begriff, den Jemen zu bombardieren, und der gesamte nationale Sicherheitsapparat wurde mobilisiert. Admiral McRaven nahm per Teleschaltung an dem Treffen teil und legte in dem kühlen und scharfen Ton, für den er bekannt war, die militärischen Gründe für die »kinetische Aktion« gegen die »Zielpersonen« dar. Beim Hauptziel »Akron« handelte es sich um Mohammed Saleh Mohammed Ali al-Kazemi, den die USA als AQAP-Vertreter im jemenitischen Gouvernement Abyan ausgemacht hatten. McRavens Leute hatten ihn »in einem Trainingslager in der Nähe des Dorfes al-Majalah aufgespürt«. Über Monate war er dem JSOC immer wieder entkommen. Jetzt, so McRaven, hatte der US-Geheimdienst ihn in eine Sackgasse getrieben. Nachdem eine Gefangennahme nicht infrage kam und andere militärische Optionen erwogen worden waren, beschloss das Team einen Raketenangriff auf das Lager unter Führung des JSOC. Johnson verspürte »starken Druck seitens des Militärs, für die Tötung zu optieren«, und fand, dass er »überrumpelt worden und nicht darauf vorbereitet war«, alle Optionen abzuwägen. Dennoch gab er seine Zustimmung. Kurz darauf verfolgte Johnson von einem Kommandozentrum im Pentagon aus die Satellitenbilder von al-Majalah. Gestalten in der Größe von Ameisen bewegten sich auf dem Bildschirm umher, bis sie in einer Stichflamme verglühten. Übertragungen wie diese wurden vom JSOC als »Kill-TV« bezeichnet. Jetzt wusste Johnson, warum.1

Am Morgen des 17. Dezember klingelte das BlackBerry von Scheich Saleh bin Fareed.2 Männer aus seinem Stamm der Aulaq berichteten ihm von einer schrecklichen Katastrophe in einem kleinen Beduinendorf namens al-Majalah im Gouvernement Abyan. In den frühen Morgenstunden sei ein wahrer Raketenhagel auf die ärmlichen Behausungen von einem Dutzend Familien in der abgelegenen Bergsiedlung niedergegangen. Dutzende Menschen seien umgekommen, darunter viele Frauen und Kinder. Bin Fareed schaltete den Fernsehsender Al-Dschasira ein, der soeben eine Eilmeldung brachte. Der Sprecher verlas eine Presseerklärung der jemenitischen Regierung, in der es hieß, jemenitische Flugzeuge hätten einen Angriff auf ein Trainingslager von al-Qaida geflogen und den Terroristen damit einen vernichtenden Schlag versetzt.3 Bin Fareed rief seinen obersten Leibwächter und seinen Fahrer zu sich und wies sie an, seinen Geländewagen für die halbtägige Fahrt von Aden nach al-Majalah bereitzumachen.

Bin Fareed ist einer der mächtigsten Männer im Südjemen. Sein Familienstammbaum reicht zurück bis zu den Sultanen, die einst über die Arabische Halbinsel herrschten.



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