Sankt Petri-Schnee by Leo Perutz
Autor:Leo Perutz [Perutz, Leo]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Roman
ISBN: 3552003274
Herausgeber: Zsolnay
veröffentlicht: 1959-12-31T23:00:00+00:00
VIERZEHNTES KAPITEL
Sie kam mir entgegen in einem Kimono aus gelber chinesischer Seide und in roten seidenen Pantöffelchen und mit einem Lächeln, das zu fragen schien: Gefalle ich dir in diesem Kimono? â Sie sah mich an und das Lächeln blieb noch sekundenlang wie erstarrt in ihrem schönen, klaren Gesicht, das jetzt den Ausdruck von Beunruhigung zeigte.
»Woher kommen Sie?« fragte sie. »Warum sehen Sie mich so an? Was ist geschehen?«
»Es ist nichts geschehen«, sagte ich und ich fand nur mühsam die Worte und meine Stimme klang mir fremd im Ohr. »Ich war fort, spazieren war ich, irgendwo drauÃen, und jetzt bin ich gekommen, um Sie etwas zu fragen.«
Sie sah mich forschend an.
»Nun? Fragen Sie! Wie Sie aussehen! â Setzen Sie sich doch!«
Sie legte ein Kissen auf den FuÃboden und darauf ein zweites und dann kauerte sie sich nieder, ihre Arme umschlossen ihre Knie, ihr Gesicht war mir zugewendet.
»Warum setzen Sie sich nicht? So und jetzt sprechen Sie. Eine kleine halbe Stunde lang bin ich frei.«
»Eine kleine halbe Stunde lang«, wiederholte ich. »Und dann? Wer kommt dann? Der Baron oder der russische Fürst?«
»Der Baron«, gab sie zur Antwort. »Aber ist das nicht gleichgültig?«
»Jawohl«, sagte ich. »Es ist gleichgültig. Alles ist mir gleichgültig, jetzt da ich weià â«
Sie hob ein wenig den Kopf.
»Nun, was wissen Sie?«
Ihr ruhiger Blick verwirrte mich.
»Ich weià genug«, stieà ich hervor. »Für mich ist es genug. Er kommt am Nachmittag und er kommt am Abend und er bleibt bis drei Uhr morgens â.«
»Das stimmt«, sagte sie. »Sie sind gut unterrichtet. Ich gehe viel zu spät zu Bett und ich brauche doch den Schlaf. Arme Bibiche! â Ist das alles? Also eifersüchtig auf den Baron. Ich gebe zu, daà mich das freut, es scheint, daà der Herr mich wirklich ein wenig gerne hat. Gesagt hat der Herr es mir niemals und wir kennen einander doch schon so lange, â dafür war der Herr manchmal recht häÃlich zu mir. Aber das ist verziehen, Bibiche hat ein groÃes Herz. Der Herr liebt mich also â.«
»Jetzt nicht mehr«, sagte ich, erbittert über den spöttischen Ton, den sie anschlug.
»Wirklich?« meinte sie. »Ganz aus? Das ist schade. Geht es bei Ihnen so rasch vorüber?«
»Bibiche!« rief ich verzweifelt. »Warum quälen Sie mich? Sie machen sich lustig über mich. Sagen Sie mir doch endlich die Wahrheit, und ich gehe.«
»Die Wahrheit?« fragte sie jetzt wieder völlig ernst. »Nein, â ich weià wirklich nicht, woran Sie jetzt denken. Ich war immer aufrichtig mit Ihnen, â vielleicht zu aufrichtig. Das darf eine Frau niemals sein.«
Ich sprang auf.
»Soll denn das so weitergehen? Ich ertrage es nicht länger. Glauben Sie, ich weià es nicht, daà alles nur ein Vorwand ist, die Arbeit und das dort«, â ich wies auf die offene Tür des Laboratoriums, â »und daà er Sie den Leuten gegenüber als seine Assistentin ausgibt und in Wirklichkeit â«
»Nun? Sprechen Sie es nur aus! In Wirklichkeit bin ich seine Geliebte. Das wollten Sie doch sagen?«
»Ja. Seine, oder die des Fürsten Praxatin.«
Sie hob den Kopf und sah mich an, fassungslos, mit groÃen, erschreckten Augen.
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