Sankt Camber by Katherine Kurtz

Sankt Camber by Katherine Kurtz

Autor:Katherine Kurtz [Kurtz, Katherine]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Heyne-Buch Nr. 06/3720
veröffentlicht: 2015-04-21T16:00:00+00:00


Guaire wälzte sich im Schlaf umher und stöhnte, dann erlangte er plötzlich das Bewußtsein dessen, daß er, obwohl seine Augen geschlossen blieben, wieder wach war und bei Sinnen; er genoß die trostreiche, warme Behaglichkeit, welche das Fell ihm schenkte, das seinen Körper umschmeichelte, auch waberte des Kaminfeuers Flackern auf seinen Lidern, er bemerkte den Geruch von entflammtem Holz, den verbliebenen würzigen Duft des gewärmten Weines. Da entsann er sich an den kredenzten Wein, spürte auch noch dessen Wärme in seinen Eingeweiden nachwirken – und nicht nur dort, als er aufmerksamer in sein Innerstes lauschte, sondern in seinem ganzen Wesen. Allmählich begann er sich an des vergangenen Tages trübselige Ereignisse zu entsinnen; seltsamerweise schmerzten sie ihn nicht länger so arg wie zuvor. Allerdings verspürte er nach wie vor das Gefühl des Verlusts, und noch immer war seine Kehle wund von den vielfältigen Beklemmungen und Verengungen, welche ihr binnen der acht Tage seit Cambers Tod widerfahren waren; dennoch empfand er einen bemerkenswerten inneren Frieden.

Gleichmütig überlegte er, ob Pater Cullen ihm etwas ihn den Wein getan haben mochte, um ihm zu solcher Gemütsruhe zu verhelfen. Sein Verstand haftete noch an dieser Erwägung, derweil es ihm zu Bewußtsein kam, daß er anscheinend etwas langsamer und schwerfälliger dachte als gewohnt, da spürte er plötzlich in der Kammer eine Veränderung.

Ein kühler Luftzug rührte an seinen Schopf, und unwillkürlich begann er sich tiefer unters Fell zu wühlen, um ihm zu entgehen; doch dann stutzte er, als er erkannte, daß dieser Luftzug von der Tür stammen, irgendwer die Räumlichkeit betreten haben mußte. Er wälzte sich herum und schlug die Augen auf, in der Erwartung, Bruder Johannes oder Pater Cullen zu erblicken; doch Johannes schnarchte noch verhalten an seinem Platz beim Kamin, und irgendwie ahnte er, als er das Angesicht zur Tür drehte, er sollte nicht Pater Cullens ansichtig werden. Doch was um …?

Er blinzelte, wähnte einen möglichen Trug seines Augenlichts, starrte dann in äußerstem Erstaunen der hochgewachsenen, leicht verschwommenen Gestalt entgegen, die sich ihm langsam nahte. Er fürchtete sich nicht, obwohl ihm der Gedanke kam, daß er womöglich dazu einen Anlaß besaß. Vielmehr jedoch befiel ihn ein Gefühl der Erwartung – und auch das fand er zugleich recht verwunderlich. Er vermochte der Gestalt Antlitz nicht zu erkennen – sie trug einen langen, grauen Umhang, dessen Kapuze das Haupt zur Gänze verbarg und verdunkelte.

Ein silbriger Glanz umwallte die gesamte Erscheinung, versah sie mit einer gewissen Geisterhaftigkeit, machte ihre Umrisse verwaschen. Da durchfegten alte kindliche Gebilde seiner Vorstellung Guaires Bewußtsein, und er dachte sich, daß das ganz gut ein Geist sein könne; denn diese Gestalt erweckte ganz und gar nicht den Eindruck, als entstamme sie dieser Welt.

Er begann sich aufzusetzen – und erstarrte inmitten der halben Verrichtung, auf nur einen Ellbogen gestützt, als er das Antlitz sah. »Camber!« entfuhr es unterdrückt seinen Lippen, und Ehrfurcht verdrängte jeden anderen Gefühlsausdruck aus seiner Miene.

Die Gestalt trat noch um ein paar Schritte näher und blieb dann stehen. Die graue Kapuze fiel vom Guaire bestens in Erinnerung befindlichen silbrigen Haupthaar. Das Antlitz zeugte von



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