Rosenkohl im Trabi by Roswitha Gruber

Rosenkohl im Trabi by Roswitha Gruber

Autor:Roswitha Gruber
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Erzählungen
ISBN: 978-3-475-54230-5
Herausgeber: Rosenheimer Verlagshaus GmbH & Co. KG, Rosenheim


Schwanger

Im Juni 1951 hatten Martha Berthold und ich den Uderslebenern versprochen, am Wochenende zu kommen, um bei der Heuernte zu helfen. Am Sonnabend in der Frühe, als ich Martha abholen wollte, um mit ihr zur Bahn zu gehen, sagte sie: »Martl, es tut mir leid, ich kann nicht mit. Ich habe heute Dienst.«

Dazu muss ich erklären: Zuvor hatte sie als freiberufliche Hebamme gearbeitet. Aber nun war sie seit gut einem Jahr in einer Klinik angestellt, wo sie sich mit zwei Kolleginnen den Dienst teilte. Das brachte allen dreien Vorteile. Zum einen hatten sie ein festes Einkommen und zum anderen eine geregelte Arbeitszeit. Keine musste mehr damit rechnen, zu jeder Tages- und Nachtzeit von einer Schwangeren gerufen zu werden. Dass Martha dadurch nicht mehr auf ihre geliebten Dörfer kam, wo man sie mit Lebensmitteln bezahlt hatte, war nicht tragisch, denn mittlerweile war die Versorgungslage allgemein besser geworden.

An besagtem Sonnabend aber musste Martha für eine erkrankte Kollegin einspringen.

»Dann fahre ich auch nicht«, erklärte ich spontan.

»Doch Martl, du musst fahren!«, beschwor sie mich. »Die rechnen doch fest mit uns. Wenn ich schon nicht helfen kann, musst wenigstens du hin. Du weißt doch, bei der Heuernte wird jede Hand gebraucht.«

Das sah ich ein, und so fuhr ich allein. Nun war es aber nicht so, dass ich bei der eigentlichen Heuernte mithalf. Das wollte man mir halber Portion gar nicht zumuten. Die beiden Brüder waren froh, dass ich die Gärtnerei betreute, während sie mit ihren Bediensteten bei der Heuarbeit waren. Die Arbeit in der Gärtnerei wiederum war nicht schwer und machte mir Riesenspaß. Meine Hauptaufgabe bestand darin, die Pflanzen zu gießen und die Tomaten zu entgeizen. Zwischendurch kam auch mal eine Kundin, die Pflänzchen kaufte, eine Topfblume oder einen Blumenstrauß.

Am Abend versammelten wir uns alle um Reschens Küchentisch, darauf hatte ich mich besonders gefreut. Sie besaß wirklich die Gabe, aus nichts noch etwas Schmackhaftes zu machen. Außer mir saßen Werner und Karl am Tisch, dann noch eine Frau aus Erfurt, eine entfernte Verwandte von Reschen, die auf einige Tage zu Besuch weilte, der Pferdeknecht Müller und das Dienstmädchen Rosa. Franz war zu dieser Zeit schon nicht mehr im Haus, er hatte im Jahr zuvor geheiratet und lebte mit seiner Frau Herta etwa zehn Minuten von seinem Elternhaus entfernt. Er hatte die Gelegenheit beim Schopfe gepackt und sich auf Siedlungsland, das die Gemeinde für junge Ehepaare zur Verfügung gestellt hatte, ein eigenes Haus gebaut.

Gleich nach dem Abendessen verabschiedeten sich Rosa und Herr Müller und gingen nach Hause. Werner verließ die Küche ebenfalls, weil er angeblich im Schuppen zu tun habe. Während ich Reschen half, Hosen zu flicken und neue Hemdkragen auf alte Hemden zu setzen, sprach man über dieses und jenes. Karl, der von Natur aus ein wortkarger Mensch zu sein schien, trug wenig zur Unterhaltung bei, während die Erfurterin, ich glaube, Jutta hieß sie, anfangs noch das große Wort geführt hatte, dann aber zusehends stiller wurde. Sie gähnte mehrmals herzhaft und betonte, wie müde sie von der ungewohnten Feldarbeit sei. Kurz nach acht erhob sie



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