Der Porsche-Chef: Wendelin Wiedeking - mit Ecken und Kanten an der Spitze (German Edition) by Ulrich Viehöver

Der Porsche-Chef: Wendelin Wiedeking - mit Ecken und Kanten an der Spitze (German Edition) by Ulrich Viehöver

Autor:Ulrich Viehöver [Viehöver, Ulrich]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft/Biographien, Autobiographien
Herausgeber: Campus Verlag
veröffentlicht: 2014-10-20T16:00:00+00:00


Lieferanten auf der Schulbank

Jeder sollte damals seinen Tribut für die Sanierung zollen, selbst Porsches Lieferanten. Doch längst nicht alle dürfen ihren bisherigen Status behalten. Wiedeking siebt kräftig aus. Von den ursprünglich rund 1000 Betrieben bleiben nur etwa 300 Firmen übrig, die den Sportwagenbauer beliefern dürfen. Und diese müssen kräftige Zugeständnisse machen, um im Geschäft zu bleiben. Porsche spart mit einer neuen modularen Bauweise die meisten Lieferanten ein. Denn durch Zusammenfassung bisher einzelner Komponenten zu technischen Einheiten – in der Fachsprache Module oder Systeme genannt – fallen automatisch Teilehersteller weg. Die verbleibenden Systemlieferanten liefern wie zum Beispiel ThyssenKrupp komplette Vorder- und Hinterachsen samt Bremsen oder andere Räder mit Reifen, den Dachaufbau oder das Vorderteil eines Porsches samt Scheinwerfern, Stoßstange, Träger und Lüftung. Auf diese Weise spart er in Zuffenhausen komplette Arbeitsgänge ein, weil sie von außen bezogen werden. Das Prinzip gilt ebenso für die Logistik, da die Lieferanten ihre Waren von nun an bedarfsgerecht und pünktlich direkt ans Band zu liefern haben. Heute entsteht ein Porsche zu mehr als 80 Prozent bei den Lieferanten; der Autobauer steuert also selbst kaum ein Fünftel des Produktionsvolumens bei. Beim Cayenne stammen sogar rund 90 Prozent der Fertigungsleistungen von außen.

Damit das komplizierte Zusammenspiel reibungslos klappt, müssen auch die verbleibenden Lieferanten bei Porsche die Schulbank drücken. Daher lässt Wiedeking die künftigen Partner in Zuffenhausen gruppenweise zu Praxisseminaren antreten. Sie sollen jetzt mit eigenen Augen sehen, welche Umwälzungen hier mit Kaizen und Kanban mithilfe der Japaner im Gange sind. Darüber hinaus sollen sie ebenfalls einen kreativen Beitrag leisten. Also beordert Wiedeking die Lieferanten ins Werk. Ohne sie vorher zu fragen, lässt er schon mal alles für sie organisieren. Die Zulieferer erhalten eine ultimative Einladung – besser: Aufforderung –, zu einem für sie bereits festgesetzten Termin drei Tage lang an einem Kaizen-Workshop mit Japanern teilzunehmen. Preis der Veranstaltung: 4000 Euro und mehr – zu bezahlen selbstverständlich von den Eingeladenen selbst. Damit das Seminar wirklich ein durchschlagender Erfolg wird, bittet Wiedeking in seinem Brief ausdrücklich: »Schicken Sie bitte ein hochrangiges Mitglied der Geschäftsleitung …«

Die meisten Angeschrieben leisten der Aufforderung tatsächlich Folge. Topmanager teilweise riesiger Autolieferanten und Betriebsinhaber erscheinen für drei lange Tage brav in Zuffenhausen und in der Fabrik. Wie in einer Schulklasse sitzen sie im Seminarraum und lauschen, was sie der japanische Kaizen- und Kanban-Experte lehrt. Auch die Mitarbeit der Führungskräfte wird verlangt. Denn die Japaner dozieren nicht nur, sondern sie demonstrieren Fertigungsmodelle und stellen den Gruppen praktische Aufgaben. Da breitet zum Beispiel der Toyota-Lehrer rund 125 Teile auf einem Rollwagen aus, die alle von der Stoßstange über Scheinwerfer bis zur letzten Unterlegscheibe nötig sind, um das »Frontend«, den vorderen Teil eines Porsche, zu bilden. Dazu erklärt er, dass für die Montagearbeit bisher zwei Facharbeiter gut zwei Stunden lang beschäftigt sind, und er fragt die Runde: Wie kann der Aufwand drastisch reduziert werden? Antwort: Die vielen Kleinteile werden beim Lieferanten vormontiert und beispielsweise in 20 Baugruppen bei Porsche angeliefert. Den Rationalisierungseffekt lässt der Japaner anschließend von zwei Monteuren demonstrieren. Sie müssen bei ihrer Arbeit weiße Handschuhe tragen. Nun wird die Zeit gestoppt, die sie für den Zusammenbau der Baugruppen brauchen.



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