Rosa by Quint

Rosa by Quint

Autor:Quint
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: General Fiction
Herausgeber: KBV Verlags- und Mediengesellschaft
veröffentlicht: 2014-08-15T00:00:00+00:00


Die Tochter

Evelyn musste an Gerckes Worte denken: Er hatte bewusst etwas über Diana Fenns Biografie verschwiegen, weil er befürchtete, dass Evelyn sonst befangen sein könnte. Noch immer zweifelte sie am Sinn seiner Vorgehensweise, aber sie musste akzeptieren, was ihr Chef entschied. Also würde sie sich bemühen, Diana Fenn unvoreingenommen zu befragen. Dies war allerdings schon deswegen nicht einfach, weil deren Vater beste Kontakte zum Innenminister unterhielt. Nun denn. Evelyn betrat die Küche desBunten Hauses. Diana Fenn stand am Tisch und bestrich einen goldbraun gebackenen Blechkuchen mit flüssiger Butter. Ihr Gesicht war noch immer verquollen. Sie sah Evelyn entgegen. »Der hier ist noch zu heiß. Aber ich habe noch welchen von gestern. Möchten Sie ein Stück? Und Kaffee dazu?«

»Gern«, sagte Evelyn. »Herr Gonzales hat gemeint, dass ich Ihren Kuchen unbedingt probieren sollte.«

»Na, dann setzen Sie sich doch.« Frau Fenn versuchte zu lächeln, als sie sich aufrichtete. Das türkisfarbene Kittelkleid spannte über Brust und Hüften, dabei schien es noch relativ neu.

Vielleicht hat sie erst in letzter Zeit an Gewicht zugelegt, dachte Evelyn und nahm Platz.

Die Wirtschafterin stellte Kaffee und Kuchen vor Evelyn.

»Und Sie selbst möchten nichts, Frau Fenn?«

»Ich hatte eben schon.« Diana zog ein Papiertuch aus der Kitteltasche und wischte sich über die Wange. »Ich bin völlig runter mit den Nerven, das können Sie ja sicher verstehen. Aber stellen Sie einfach Ihre Fragen, ich schaffe das schon.«

Evelyn schaltete ihr Diktiergerät an. »Dann fangen wir bitte mit Ihren Personalien an.«

Zu Evelyns Erstaunen zog Diana sofort ihren Personalausweis aus ihrem Kittel. Sie war fünfundvierzig Jahre alt, wirkte aber älter. Das mochte an ihrem verweinten Gesicht liegen oder an den dunkel gefärbten Haaren, die zum hellen Teint einen starken Kontrast bildeten. Ihrem Vater Ingbert Fenn-Heindel sah sie nicht besonders ähnlich.

Evelyn probierte den Kuchen. »Wirklich gut, da hat Ihr Kollege nicht zu viel versprochen.«

»Danke.« Wieder versuchte Diana zu lächeln. »Ich backe fast jeden Tag ein Blech davon. Nach einem alten Rezept mit ganz fein geriebenen Mandeln und echter Vanille. Und wenn der Kuchen ein, zwei Tage alt ist, kann man ihn so schön in den Kaffee stippen. Dann braucht man kaum noch zu kauen. Das ist praktisch für unsere Bewohner, wenn sie Schwierigkeiten mit der Zahnprothese haben.«

Offensichtlich kostete es Diana viel Kraft, ihre Tränen zu unterdrücken. Beherrscht schilderte sie den Ablauf des Vortags: Helmut Schelling hatte gut gelaunt am Mittagessen teilgenommen und sich dann für den Rest des Tages in sein Apartment zurückgezogen. Heute Morgen wollte Diana ihm wie üblich seinen Tee bringen. Da lag er erdrosselt und mit der Farbe im Mund auf dem Wohnzimmerboden.

»Haben Sie ihm den Tee immer um sechs Uhr gebracht?«, fragte Evelyn.

»Ja, aber nicht nur ihm. Es gibt noch ein paar Bewohner, die genießen es, wenn sie schon mal eine Tasse Tee im Magen haben, bevor sie sich das Frühstück machen.«

Evelyn nickte. »Wie ging es Herrn Schelling denn überhaupt? Meine Kollegen haben mir eben schon gesagt, er war Diabetiker?«

»Ja. Seit seiner Jugend. Er musste sich Insulin spritzen, damit wurde er ganz gut fertig. Wir haben immer darauf geachtet, dass sein Insulin-Pen richtig eingestellt war, Helmut konnte ja nicht mehr gut sehen.



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