Privatklinik by Heinz G. Konsalik

Privatklinik by Heinz G. Konsalik

Autor:Heinz G. Konsalik [Konsalik, Heinz G.]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2010-09-29T04:00:00+00:00


Emil, der Fisch, machte seinem Namen alle Ehre. Selten hatte Dr. Linden eine solche Ähnlichkeit eines Menschen mit einem Schellfisch gesehen. Er besaß genug Vergleichsmöglichkeiten, denn wenn es Absonderlichkeiten menschlicher Physiognomie gibt, dann in den Irrenanstalten, in denen Linden aus und ein gegangen war. Emil, der Fisch, übertraf alles an Erfahrung!

Ein platter Kopf, ein breites Maul, hervorquellende Augen, Ohren wie Kiemen, eine Nase wie ein horniger Höcker … der Eindruck, einen Riesenfisch vor sich zu haben, war vollkommen.

Er ist eine hohe Zangengeburt, dachte Dr. Linden und betrachtete Emil interessiert. Der Kopf ist völlig deformiert worden. Außerdem hat er eine hochgradige Basedow. Dieser Mensch ist so häßlich, daß er direkt schön ist!

Jutta, die Gräfin, lachte, als Dr. Linden den Kopf schüttelte. Sie saß neben ihm, den Rock hochgeschoben, mit glühendem, glücklichem Gesicht und hektischen Augen. Emil, der Fisch, stierte auf das zerwühlte Bett, leckte sich über die Lippen und kratzte sich am rechten Ohr, als jucke es.

»Die Sache ist also perfekt?« fragte er.

Dr. Linden hob die Augenbrauen. Die Stimme des Riesenfisches war dunkel und melodisch. Wer Emil ansah und die Stimme hörte, mußte sich unwillkürlich umsehen, woher dieser volle Ton drang, denn aus diesem Mund schien es unmöglich.

»Was sehen Sie mich so an?« fragte Emil, der Fisch. »Ich weiß, wie ich aussehe! Kann ich dafür? Na also! Und Sie sind Arzt? Richtiger Arzt? Oder geben Sie bloß an? Wollen gleich mal sehen, was Sie können.«

Er zog die Jacke aus, streifte das Hemd hoch und wölbte seine Brust vor. Ein behaarter Fisch, dachte Dr. Linden begeistert. Ein Naturwunder!

»Was ist das?« fragte Emil, der Fisch. Dabei wies er auf eine Narbe, die von Brustwarze zu Brustwarze lief. Dr. Linden schüttelte verwundert den Kopf.

»Ein Säbelhieb, mein Bester. Aber schlecht vernäht! Die Narbenränder dürften keine Wülste haben!«

Emil, der Fisch, ließ das Hemd fallen. »Richtig!« Er nickte Jutta, der Gräfin, zufrieden zu. »Das ist'n Doktor! Sieht sofort, wo's drauf ankommt!« Er warf wieder einen Blick auf das Bett und schnaufte. »Und Sie wollen unser Arzt werden?«

»Wenn ihr mich braucht – gern.«

»Wir laden Sie ein, Doktor. Heute abend, im Cäcilienbunker! René, der Kavalier, hat ein gutes Ding gedreht. Das wird gefeiert. Dabei können wir Sie gleich einführen.«

»Es soll mir eine Ehre sein.« Dr. Linden lächelte. Es war das so mokante, gefürchtete Lächeln, das Unsicherheit bei denen auslöste, die es auf sich bezogen. Auch Emil, der Fisch, wurde verlegen, nickte und verließ das Zimmer. Draußen, das wußte Linden, warteten Jim, das Kamel, und René, der Kavalier. Mit einem Schwung setzte sich Jutta auf seinen Schoß, küßte ihn und lehnte sich dann in seinen Armen zurück.

»Du bist ein Teufel von einem Mann«, sagte sie mit rauher Stimme. »Es wird bei uns noch hoch hergehen, wenn du auftauchst. Die anderen Weiber … oh, ich zerkratze sie bis zur Unkenntlichkeit, wenn sie dich anhimmeln!« Sie sah ihn darauf nachdenklich an und bemerkte auch das mokante, wie gefrorene Lächeln um seine Lippen. »Du … so darfst du uns nicht ansehen«, sagte sie leise und strich über seinen Mund, als könne sie damit das Lächeln auslöschen.



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