Postscriptum für Anna und Miriam. Roman by Maria Nurowska

Postscriptum für Anna und Miriam. Roman by Maria Nurowska

Autor:Maria Nurowska [Nurowska, Maria]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783105617328
Herausgeber: FISCHER Digital
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


Tonbandaufnahme

ANNA ŁAZARSKA

Mein Vater fühlte sich schlecht, er hatte starke Schmerzen. Es war ein nebliger, toter Tag, der siebte November … Ich sagte ihm, daß ich eine Pflegerin engagiert hätte, die Tag und Nacht bei ihm sein werde. Er verlangte von mir, sie umgehend zu entlassen. Er wollte niemanden. Niemanden außer mir … Ich war es gewöhnt, ihm zu gehorchen, deshalb gab ich nach, aber nur zum Schein. Ich tat so, als ginge ich zu dieser Frau, um alles abzusagen, in Wahrheit jedoch fuhr ich zum Flughafen. Ich nahm so gut wie nichts mit, damit er mich nicht mit einem Koffer würde weggehen sehen. Sein Sessel stand beim Fenster, er wollte sehen, wie ich ging und wie ich kam … Am Tag zuvor hatte die Frau von mir die Schlüssel und eine Bankvollmacht bekommen. Ich ging davon aus, daß sie ehrlich war. Sie war mir von jemandem empfohlen worden, dem ich vertraute, genauer gesagt von meinem Mann. Seine jetzige Schwiegermutter arbeitete als Oberschwester in einem Krankenhaus und half, jemanden Passenden zu finden. Es war eine ältere Dame mit einnehmendem Gesicht, auch sie kränkelte im übrigen seit ihrer Zeit im Lager. Sie hatte Sorge, ob sie mit meinem Vater zurechtkommen würde. Trotz seiner kümmerlichen Gestalt brachte ich es oftmals nicht fertig, ihn aus der Wanne zu heben, das dauerte dann eine halbe Stunde und länger. Diese Bäder waren jeden Tag die schlimmsten Momente. Vor meinen Augen mußte er die ganze Hinfälligkeit seines kranken Körpers entblößen, sein Gesicht verkrampfte sich dann, und seine Augen fielen völlig ein. »Ich bin doch ein Teil von dir«, sagte ich, »alles, was mit dir geschieht, betrifft auch mich.« Er gab keine Antwort, er war unversöhnlich in seinem Haß auf die eigene Gebrechlichkeit. Krank vor Mitleid hüllte ich die Falten seiner schlaffen Haut, die wie Lappen an ihm herunterhing, in ein Handtuch. »Ich bin von deinem Fleisch und Blut«, wiederholte ich und versuchte, nicht zu weinen. »Das ist verletzend für dich«, war sein einziger Kommentar zu der gemeinsamen Marter des Bads. Das Problem der Pflege ist eine Begleiterscheinung jeder Krankheit, aber in unserem Fall schob es sich in den Vordergrund. Es war wie eine langsam anschwellende Geschwulst, die eines Tages platzen mußte. Als ich in das Flugzeug stieg, hatte ich die vage Hoffnung, daß dieser Schnitt uns beiden eine Erleichterung verschaffen würde. Die Krankenschwester hatte versichert, daß meinem Vater eine qualifizierte Pflege zuteil würde. Vielleicht vermochten ihre geschickten Hände all diese erniedrigenden Handlungen zu verkürzen. Er hatte Metastasen in der Blase und litt darunter, daß er sein Wasser nicht halten konnte. Es war ein Wunder, daß es mir gelungen war, ihn in die Urologie zu bringen, wo sie durch einen Eingriff die Harnröhre erweitert hatten; sonst wäre er schon nicht mehr am Leben. Man wollte ihn nicht aufnehmen, die Warteschlange war lang und die Erfolgschancen in seinem Fall nicht gut, dazu kam sein vorgerücktes Alter. Eigentlich ein hoffnungsloser Fall. Ich setzte Himmel und Hölle in Bewegung. Weniger den Himmel. Ein Telefonat brachte die Sache in Ordnung. Die Tatsache,



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