Offen für ALLES und nicht ganz dicht by Schroeder Florian

Offen für ALLES und nicht ganz dicht by Schroeder Florian

Autor:Schroeder, Florian
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Belletristik/Comic, Cartoon, Humor, Satire/Humor, Satire, Kabarett
Herausgeber: Rowohlt E-Book
veröffentlicht: 2015-06-16T16:00:00+00:00


In einer politisch korrekten, aber leider verlogenen Welt, in der «zeitnah kommunizieren» heißt, dass man nie wieder etwas vom anderen hört; in der uns die zeitnahen Kommunizierer Bewerbungen «zu unserer Entlastung» zurückschicken – in dieser Welt ist die Casting-Show eine willkommene Abwechslung: Hier gibt es noch klare, eindeutige, ehrliche Urteile, kein schwammiges Geeiere. Niemand, der sich auf unsere Kosten entlasten will. Niemand, der «eigentlich» sagt und «persönlich bist du echt nett», kein «Ja, aber», kein Jein. Casting-Shows sind die Rechtspartei des Entertainments. Ein charismatischer Führer sagt in klaren Worten, wer gut und wer schlecht ist, wer dazugehört und wer nicht. Wer nach oben kommt und wer nach unten durchfällt. Lieber lassen wir uns als eingetretene Wirtshaustür beschimpfen, als noch einmal ein Meeting mitzumachen, in dem darüber geredet wird, dass man mal darüber reden sollte.

Daher kommt wahrscheinlich auch das Wort Casting: sich absetzen von der eigenen Kaste. Besser sein als «die da unten». So glauben wir hier in eine Welt einzutauchen, in der die Gesetze der Schwerkraft außer Kraft gesetzt sind: Ein Monat malochen heißt heutzutage nicht, dass wir auch einen Monat davon leben können. Dann doch lieber zum Casting. Hier kann jeder Star sein – wenn auch nur für kurze Zeit. Aber in dieser Zeit holen wir mehr Schäfchen ins Trockene als nach einem Leben an der EDEKA-Kasse. Du musst nur zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein.

Ausgerechnet Dieter Bohlen haben wir dabei zu unserem Guru erklärt. Mit seiner Ex-Band Modern Talking ist er bis heute das McDonald’s der Musikindustrie. Ausgerechnet von einem Hamburger-Bruzzler wollen wir uns zeigen lassen, wie man Sternekoch wird.

Im Zug nach Hause checke ich Mails. Die Kleinkunstbühne Unterdettelsau, die ich am Wochenende bespielen werde, fragt an, ob ich wirklich drei Scheinwerfer brauche, weil man dann einen dazumieten müsse. Man freue sich außerdem sehr auf den Auftritt, leider seien alle Hotels in der Umgebung ausgebucht, bis auf die Pension Köhler. Frau Köhler fragt an, ob ich vielleicht schon vor 8 Uhr frühstücken könne, sie habe danach einen Termin. Und ob ich besondere Wünsche habe oder ob Salami, Schinken und Käse okay seien.



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