Nacktschnecken by Martin Rebecca

Nacktschnecken by Martin Rebecca

Autor:Martin, Rebecca [Martin, Rebecca]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2015-03-12T00:00:00+00:00


SCHEINWERFER FLUTEN DAS FELD. Tontechniker knien im nassen Gras, die schwarzen Kapuzen tief ins Gesicht gezogen. Davor, auf einer Plane ausgebreitet, ihr Equipment. Der Regisseur, der schon für die letzten drei Folgen verantwortlich war, unterhält sich über einen Monitor gebeugt mit seiner Assistentin. Und Daniels Lachen schallt durch die Dunkelheit, von irgendwoher, bei den Dixieklos vielleicht.

Ich ziehe mir die Fleecedecke fester um die Schultern und stapfe den schlammigen Weg entlang zum Catering-Bus. Brötchenhälften, ein Topf mit Suppe, Merci-Schokolade. Die Thermoskannen mit Kaffee sind alle fast leer, ich presse aus jeder einen letzten Rest in zwei ineinandergesteckte Pappbecher. Schütte Zucker hinzu und Milch. Rühre die lauwarme Brühe mit einem Plastikstäbchen um und trinke sie.

»Bist du schon umgezogen?«

Die Garderobiere ist plötzlich neben mir aufgetaucht. Sie trägt eine grellgrüne Helly-Hansen-Jacke.

»Mhm.«

»Und die Ohrringe?«

»Oh, Scheiße. Vergessen.«

»Ich dachte, du bist gleich dran.«

»Ja«, murmle ich, »ist ja schon gut.« Denke: Reg dich ab, und beiße in ein Salamibrötchen, das gammlig aussieht und auch genauso schmeckt.

Wenn nur Emily jetzt hier wäre. Wir würden Ratespiele spielen oder blöde Lieder vor uns hin trällern. Uns irgendwie von dieser Scheißkälte ablenken.

»Und … bitte!« Die Klappe fällt. Daniel, der auf mich zugelaufen kommt, mit ausgebreiteten Armen. Das Minzöl, das in meinen Augen brennt.

Einsatz Daniel: »Es tut mir so leid.«

Einsatz ich: »Und mir erst.«

»Tu das nie, nie wieder. Versprichst du mir das, ja? Versprich es mir.«

»Ich verspreche es.«

Tränen strömen mir übers Gesicht, Daniel drückt mir die Luft weg, murmelt mir etwas Romantisches ins Ohr.

»Uuuund … danke!«

Die Garderobiere wirft mir die Fleecedecke über und rubbelt mir über den Rücken. Thea tupft mir mehr Minzöl unters Auge, lässt mich in ein zerknülltes Papiertaschentuch schnauben, kneift mir kräftig in die Wangen. »Schön scheiße siehst du aus, Süße. Sehr gut.«

Daniel echauffiert sich über eine Ansage des Regisseurs. Der Kameramann prüft die nächste Einstellung.

Zwei Mal noch muss ich mir von Daniel sagen lassen, dass ich das nie, nie wieder tun dürfe, das mit dem Verschwinden für eine Woche, damit er sich endlich mal Sorgen macht, und das ja hervorragend funktioniert hat, wie man an dieser wunderbaren Versöhnungsszene jetzt so schön sehen kann. Muss das Gesicht in seinen feuchten, kratzigen Pullover graben und mit erstickter Stimme schluchzen: »Ich verspreche es!« Und mir heimlich ins Fäustchen lachen, weil ich mit meiner Masche genau das bekomme habe, was ich wollte, nämlich ihn, Daniel, also Ferdinand, der nie, nie, nie genug Zeit für mich hat, weil seine Karriere für ihn stets im Vordergrund steht. Und jetzt wird er sie opfern, die Karriere! Für mich! Ha! Wozu braucht er auch schon eine Karriere? Er ist schließlich feinster deutscher Adel. Ein Prinz. Ein Herzensbrecher. Mein Herzensbrecher.

Dann sind alle Einstellungen im Kasten, wie Emily jetzt sagen würde. Sie fehlt mir so sehr. Ich weiß überhaupt nicht, wohin mit meiner Wut und schlechten Laune. Ich weiß auch nicht, wo sie herkommt, vielleicht liegt es auch einfach nur am Wetter oder ist hormonbedingt.

Die Garderobiere steht neben mir, ihre Stimme ist hysterisch. »Oh Gott, was ist das denn? Komm, komm, schnell, umziehen!« Sie zeigt auf einen dunklen Fleck auf meinem Kleid.



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