Mutter Courage und ihre Kinder by Bertolt Brecht

Mutter Courage und ihre Kinder by Bertolt Brecht

Autor:Bertolt Brecht
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Suhrkamp Verlag
veröffentlicht: 2013-03-22T16:00:00+00:00


Vor einem Offizierszelt. Mutter Courage wartet. Ein Schreiber schaut aus dem Zelt.

DER SCHREIBER Ich kenn Sie. Sie haben einen Zahlmeister von die Evangelischen bei sich gehabt, wo sich verborgen hat. Beschweren Sie sich lieber nicht.

MUTTER COURAGE Doch beschwer ich mich. Ich bin unschuldig, und wenn ichs zulass, schauts aus, als ob ich ein schlechtes Gewissen hätt. Sie haben mir alles mit die Säbel zerfetzt im Wagen und fünf Taler Buß für nix und wieder nix abverlangt.

DER SCHREIBER Ich rat Ihnen zum Guten, halten Sie das Maul. Wir haben nicht viel Marketender und lassen Ihnen Ihren Handel, besonders, wenn Sie ein schlechtes Gewissen haben und ab und zu eine Buß zahln.

MUTTER COURAGE Ich beschwer mich.

DER SCHREIBER Wie Sie wolln. Dann warten Sie, bis der Herr Rittmeister Zeit hat. Zurück ins Zelt.

JUNGER SOLDAT kommt randalierend: Bouque la Madonne: Wo ist der gottverdammte Hund von einem Rittmeister, wo mir das Trinkgeld unterschlagt und versaufts mit seine Menscher? Er muß hin sein!

ÄLTERER SOLDAT kommt nachgelaufen: Halts Maul. Du kommst in Stock!

JUNGER SOLDAT Komm heraus, du Dieb! Ich hau dich zu Koteletten! Die Belohnung unterschlagen, nachdem ich in Fluß geschwommen bin, allein vom ganzen Fähnlein, daß ich nicht einmal ein Bier kaufen kann, ich laß mirs nicht gefalln. Komm heraus, daß ich dich zerhack!

ÄLTERER SOLDAT Maria und Josef, das rennt sich ins Verderben.

MUTTER COURAGE Haben sie ihm kein Trinkgeld gezahlt?

JUNGER SOLDAT Laß mich los, ich renn dich mit nieder, es geht auf ein Aufwaschen.

ÄLTERER SOLDAT Er hat den Gaul vom Obristen gerettet und kein Trinkgeld bekommen. Er ist noch jung und nicht lang genug dabei.

MUTTER COURAGE Laß ihn los, er ist kein Hund, wo man in Ketten legen muß. Trinkgeld habn wolln ist ganz vernünftig. Warum zeichnet er sich sonst aus?

JUNGER SOLDAT Daß der sich besauft drinnen! Ihr seids nur Hosenscheißer. Ich hab was Besonderes gemacht und will mein Trinkgeld haben.

MUTTER COURAGE Junger Mensch, brüllen Sie mich nicht an. Ich hab meine eigenen Sorgen, und überhaupt, schonen Sie Ihre Stimme, Sie möchten sie brauchen, bis der Rittmeister kommt, nachher ist er da, und Sie sind heiser und bringen keinen Ton heraus, und er kann Sie nicht in Stock schließen lassen, bis Sie schwarz sind. Solche, wo so brüllen, machen nicht lange, eine halbe Stunde, und man muß sie in Schlaf singen, so erschöpft sind sie.

JUNGER SOLDAT Ich bin nicht erschöpft, und von Schlafen ist keine Red, ich hab Hunger. Das Brot backen Sie aus Eicheln und Hanfkörnern und sparn damit noch. Der verhurt mein Trinkgeld, und ich hab Hunger. Er muß hin sein.

MUTTER COURAGE Ich verstehe, Sie haben Hunger. Voriges Jahr hat euer Feldhauptmann euch von die Straßen runterkommandiert und quer über die Felder, damit das Korn niedergetrampelt würd, ich hätt für Stiefel zehn Gulden kriegen können, wenn einer zehn Gulden hätt ausgeben können und ich Stiefel gehabt hätt. Er hat geglaubt, er ist nicht mehr in der Gegend dies Jahr, aber jetzt ist er doch noch da, und der Hunger is groß. Ich versteh, daß Sie einen Zorn haben.

JUNGER SOLDAT Ich leids nicht, reden Sie nicht, ich vertrag keine Ungerechtigkeit.



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