Mord in Honeychurch Hall by Hannah Dennison
Autor:Hannah Dennison
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: EGMONT Verlagsgesellschaften mbH
veröffentlicht: 2015-04-02T16:00:00+00:00
14
Im Eiltempo durchquerte ich den Pinienwald, um so schnell wie möglich in die Sicherheit von Carriage House zurückzukehren.
Als ich das Gatter erreichte, stieß ich auf Vera, die aus der anderen Richtung kam.
Sie war völlig außer sich, schnappte nach Luft und heulte sich die Seele aus dem Leib. Das Licht des Vollmonds fiel auf ihr Gesicht, das von Tränen überströmt und von Mascara verschmiert war. Ihr Kleid war schlammbespritzt, die Louboutin-Schuhe mit Leopardenmuster trug sie in der Hand.
Mir drehte sich der Magen um. Aus dem Gespräch, das ich in der Halle belauscht hatte, schloss ich, dass Eric und Vera sich gestritten hatten. »Du lieber Himmel, sind Sie verletzt?«, fragte ich.
Vera schüttelte den Kopf. »Wo ist er? Wo ist mein Eric?«, nuschelte sie. Ganz offensichtlich war sie betrunken.
»Eben war er noch bei Rupert im Herrenhaus«, sagte ich.
Vera stieß mir einen Finger in die Brust. »Sie haben’s auf ihn abgesehen, stimmt’s? So wie dieses russische Flittchen auch.«
»Jetzt machen Sie sich nicht lächerlich. Beruhigen Sie sich erst mal.« Dann fiel es mir wieder ein. »Waren Sie und Eric heute Abend nicht zu einem romantischen Essen verabredet?«
»Eric ist nicht gekommen.« Wieder fing Vera an zu schluchzen. »Ich saß wie eine dämliche Idiotin über eine Stunde lang allein in diesem verfluchten, teuren Restaurant, und alle haben mich angestarrt.«
Sie setzte sich auf einen Baumstumpf und ließ die Louboutins fallen. Ihre Verzweiflung war so herzzerreißend, dass ich tatsächlich Mitleid mit ihr bekam.
»Vielleicht haben Sie das Restaurant verwechselt?«, mutmaßte ich.
»So dumm bin ich nicht.«
»Oder es war der falsche Tag. Das ist mir auch schon oft passiert«, sagte ich. »Haben Sie nachgefragt, ob Eric für heute einen Tisch reserviert hat?«
»Ja, nein, Moment, das hab ich nicht«, sagte Vera und wischte sich mit dem Handrücken über die Nase. »Ich bin einfach hineingegangen und hab mich an einen freien Tisch in der Ecke gesetzt. Er kommt immer zu spät.«
»Warum rufen wir das Restaurant nicht einfach an? Vermutlich ist noch geöffnet.«
»Ich hab die Nummer nicht.«
»Es war doch das Crumb, nicht wahr?«
Vera nickte. »Ein wirklich blöder Name für ein Restaurant.«
Ich zog mein Handy aus der Tasche, suchte die Nummer und rief an. »Sie sagen, dass die Reservierung tatsächlich für morgen eingetragen ist.«
»Oh Gott!«, jammerte sie. »Ich bin so eine dumme Nuss.«
»Na, das ist ja jetzt geklärt«, sagte ich. »Und Eric muss gar nicht wissen, was passiert ist.«
»Ich hab alles ruiniert. Oh Gott. Alles.«
Wenn Leidenschaft derartige Gefühlsausbrüche auslöste, wollte ich sie lieber nicht verspüren. »Nein, bestimmt haben Sie das nicht.«
»Eric wird mich umbringen«, sagte Vera leise. »Wenn er seinen kostbaren Traktor sieht, wird er mich bestimmt umbringen.«
»Traktor? Warum? Was um Himmels willen haben Sie getan?«
»Ich geh nach Hause und hole meine Gummistiefel.« Vera stand auf. »Ja, das werde ich tun. Und William. Er wird mir bei der Suche nach dem Schlüssel helfen, ganz bestimmt.« Sie packte meine Hand und drückte sie. »Bitte erzählen Sie niemandem davon.« Und dann war sie weg, noch ehe ich ein Wort sagen konnte.
Am Carriage House angekommen, stellte ich fest, dass meine Mutter mich ausgesperrt hatte. Ich hämmerte eine Ewigkeit an die Tür.
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