Michaela löst eine Verschwörung by Marie Louise Fischer

Michaela löst eine Verschwörung by Marie Louise Fischer

Autor:Marie Louise Fischer [Fischer, Marie Louise]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: SAGA Egmont
veröffentlicht: 2017-09-19T00:00:00+00:00


„Du würdest also zur Polizei gehen?“

Dr. Körner schwieg.

Sie fuhren gerade den Bernauer Berg hinunter, und vor ihnen tauchte der Chiemsee auf, sehr blau, mit Hunderten von weißen Segeln geschmückt.

Aber Michaela hatte heute keinen Blick für dieses schöne Bild. „Nun sag doch was, Vati!“ drängte sie.

„Das ist gar nicht so einfach“, gestand Dr. Körner, „denn denk mal nach: Egal, wie die Sache ausgeht, ich würde dadurch mindestens die Hälfte meiner Patienten verlieren. Die Leute bei uns auf dem Land sind in so was besonders empfindlich.“

Es war Michaela, als wenn sie den jungen Dr. Zorn reden hörte; sie war tief enttäuscht. „Du bist also auch nur feige!“ sagte sie böse.

„Nein, Michaela. In einem solchen Fall gerät jeder Arzt in eine Art Zwickmühle. Du weißt sicher, es gibt eine ärztliche Schweigepflicht. Wir Ärzte haben alle den sogenannten Eid des Hippokrates geschworen. Und darin heißt es … laß mich mal nachdenken, vielleicht kriege ich es noch zusammen … also etwa: ,Was ich in meiner Praxis sehe oder höre oder außerhalb dieser mit Menschen erfahre … darüber werde ich schweigen in der Überzeugung, daß man solche Dinge streng geheimhalten muß …‘“

„Eine schöne Geheimniskrämerei“, sagte Michaela wenig beeindruckt, „aber viel wichtiger ist es doch, Kinder vor Mißhandlungen zu schützen!“

„Wenn es sich um wirkliche Mißhandlungen handelt, selbstverständlich. Wenn Rabeneltern ihren Kindern Knochen brechen, sie mit dem Kopf gegen die Wand schlagen, sie hungern oder frieren lassen … So etwas gibt es nämlich auch, Michaela. Dann geht jeder Arzt sofort zur Polizei, das ist klar. Aber wir sprachen ja nicht von Mißhandlungen, sondern von verfehlten Erziehungsmaßnahmen.“

„Und wo liegt da die Grenze?“

„Kluges Kind! Eben das ist manchmal sehr schwer festzustellen.“

„Vorsichtshalber unternimmst du meistens also lieber nichts.“

„Michaela“, sagte Dr. Körner, „es ist nicht sehr fair von dir, mich anzugreifen, nur weil ich ehrlich zu dir bin. Andere Väter würden sich auf ein solches Gespräch wahrscheinlich gar nicht einlassen.“

Michaela begriff, daß sie zu weit gegangen war. „Entschuldige, bitte“, murmelte sie.

„Schon geschehen. Und zu deiner Beruhigung: Ich unternehme in jedem Fall etwas. Ich gehe zwar nicht zur Polizei, aber ich rede mit dem Vater. Nebenbei gesagt: Es gibt auch Mütter, die zuschlagen. Ich erkläre ihnen, daß das unnütz ist, der Gesundheit des Kindes schaden kann, rede ihnen ins Gewissen.“

„Und das hilft?“ fragte Michaela skeptisch.

„In der Regel schon. Manchmal muß man natürlich schon etwas energischer werden.“ Er legte seine Hand auf das Knie seiner Tochter. „Mach dir keine Sorgen, Michaela. Du solltest mich doch kennen. Ich passe schon auf, daß, soweit es in meiner Macht steht, niemandem ein Unrecht geschieht.“ Er trat auf die Bremse, denn sie hatten das Haus Dr. Gürtlers erreicht.



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