Memoiren einer unrealistischen Frau by Sahar Khalifa

Memoiren einer unrealistischen Frau by Sahar Khalifa

Autor:Sahar Khalifa [Khalifa, Sahar]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Arabien, Asien, Frau, Israel, Kindheit, Palästina
Herausgeber: Unionsverlag
veröffentlicht: 2015-12-19T16:00:00+00:00


11

Ich lief zum Flugzeug und schaute mich um. Ich sah ihn mir zuwinken, während er aufmunternd lächelte. Mich bewegten gemischte, diffuse Gefühle. Ich war mit Bedacht glücklich. Mein Herz klopfte heimliche Schluchzer. Mein Kopf war berauscht, und ich sah die Menschen, Gebäude und Flugzeuge durch einen dünnen weißen Vorhang, so als gehörten sie in eine Welt, die mich nichts anging. Nicht einmal ich ging mich etwas an. Meine Beine liefen, als tauchten sie in Rauch. Meine Glieder waren schlaff, als wären sie mit Betäubungsmitteln durchtränkt. Die Angst verschwand, und an ihre Stelle traten eine philosophische Gleichgültigkeit, ein mystisches Schweben. Ich schaute noch einmal zurück. Zu seinem Kopf und seinen Gesichtszügen hatte ich jede Beziehung verloren. An seinen Anzug hatte ich mich gewöhnt, und seine äußere Erscheinung hatte sich in meine Vorstellung eingegraben und haftete in mir wie der Abdruck einer eisernen Hand. Ich fühlte keinen Hass. Ich hatte keine Angst. Ich hatte das Gefühl, er sei mein Verwandter, mit dem mich das Blut und der Ort verbinden, von dem mich aber Verständnis und Gefühl trennen. Ein Gefühl, das ich schon seit meiner Kindheit kannte und weswegen mir die Unterscheidung unmöglich war. Es war ein Gesicht unter vielen, die dem Auge nah, dem Herzen und dem Strahlen des Lächelns aber fern sind. Lachen ertönte ohne Echo. Wir vergossen Tränen ohne Sehnsucht. Ein Gefühl der Schwäche in der Brust und die Leere der Fremde ganz nah.

Ich setzte mich ins Flugzeug und legte den Gurt an. Die Stewardess ging vorbei mit einem Lächeln, das wie ein Erfolg versprechendes Plakat aufgeklebt war. Ich hatte das Gefühl, mein Sitz sinke. Ich schaute aus dem Fenster und sah ihn immer noch auf den Abflug warten. Ich fühlte so etwas wie Trauer und Dankbarkeit. Ängstlich fragte ich mich: Wenn ich ihn verliere, wer wird mich dann erwarten, mich begleiten und empfangen? Wer wird sich um mein Flugticket, den Reisepass und die Ausreiseerlaubnis kümmern? Wer wechselt mir Geld, und wer gibt es mir? Mich überkamen Angst und Reue, und ich ermahnte mich selbst: Afaf, das ist kein schlechter Mann. Vielleicht ist sein Hauptproblem, dass er ohne Schale ist. Eine kluge Frau wie du sollte verstehen, vergleichen und ruhiger werden. Du könntest die Glücklichste sein, wenn du wolltest. Ich beschwöre dich bei Gott, sei realistisch. Gläubig nickte ich mit meinem Kopf und sagte: Doch, doch, ich werde es sein!

Als ich dieses Versprechen ablegte, wusste ich nicht, dass ich es brechen würde, bevor meine Füße wieder den Erdboden berührten. Ich nahm wahr, dass ich neben einer irischen Pianistin saß. Ich lächelte ihr zu, und sie lächelte mir zu. Ich sprach sie an und nutzte das Wissen, das mir in einer Fremdsprache zur Verfügung stand. Ich trat an sie heran mit der Sehnsucht eines Menschen, der, beraubt der Welt der Menschen, in die Welt zurückfindet, der er alle Sehnsucht nach einem Apfel entgegenbringt. Wer bist du, was machst du, wie hast du angefangen, wie hast du geheiratet, wie hast du dich scheiden lassen, und wie hast du von Neuem begonnen? Eine



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