Man Down by André Pilz
Autor:André Pilz [Pilz, André]
Die sprache: deu
Format: epub, mobi, azw3
veröffentlicht: 2014-02-07T05:00:00+00:00
6
Am Montag rief mich Marion an und lud mich auf einen Spieleabend mit Nelly, Senf, Gugl und Rugby ein. Ich wollte sie davor zur Rede stellen, aber als ich ankam, waren schon alle in Marions Zimmer. Wir spielten stundenlang „Mäxchen“, und ich verlor fast jedes Mal und musste zur Strafe ein Glas Bauernschnaps trinken, den Rugbys Großvater gebrannt hatte.
Marion hatte Pech beim Würfeln, aber Erfolg mit ihren Lügen.
„Du hast das unschuldigste Gesicht der Welt“, sagte Gugl. „Und lügst, dass sich die Balken biegen.“
„Ja, wo hast du das gelernt?“, fragte ich, ohne Marion anzusehen.
„Da gibt’s nix zu lernen“, sagte Nelly, „so was ist angeboren.“
„Quatsch“, sagte Senf. „Jeder hat seine Geheimnisse. Seine Schatten. Und jeder versucht sie zu verbergen.“
„Kommt nur drauf an, wie groß sie sind, die Schatten“, sagte ich.
„Wie groß sind denn deine?“, fragte Nelly, die rechts von mir saß, und lächelnd zwei 6en verkündete. Sie reichte Marion die von einem Joghurtbecher verdeckten Würfel. „Was ist dein größtes Geheimnis?“
„Das möchtest du gar nicht wissen.“
Marion würfelte und hob den Becher leicht, um zu sehen, wie viele Augen sie hatte. Nur noch ein Mäxchen, also eine 1 und eine 2, konnte sie vor dem Schnaps retten.
„Mäxchen“, sagte Marion und reichte die Würfel weiter an mich.
Wir starrten uns nieder. „Du bluffst.“
„Deck auf.“
„Du bluffst.“
„Deck auf!“
„Ich weiß, dass du bluffst.“
Sie sah mir in die Augen. Ihr Blick war traurig.
Ich lächelte. Aber das Lächeln tat weh.
Lügen, alles Lügen.
Ich deckte den Becher auf, aber sie hatte nicht geblufft, sie hatte die Wahrheit gesagt, und ich musste wieder trinken, musste sogar zweimal trinken, denn ein Mäxchen aufzudecken wurde doppelt bestraft.
Irgendwann war ich völlig besoffen und müde. Die Jungs tranken weiter und verschwanden einfach nicht aus Marions Zimmer, und so verzichtete ich darauf, mit ihr unter vier Augen zu reden, und ging nach Hause.
Am nächsten Abend grillten wir draußen bei den Tischtennistischen hinter dem Parkplatz des Heims. Rugby machte ein Feuer, das so hohe Flammen schlug, dass die Feuerwehr anrückte. Senf zerschlug bei seinem Löschversuch eine Bierflasche und schnitt sich dabei fast den Daumen ab. Die Feuerwehr fuhr ihn ins Krankenhaus, während Rugby aus einem großen Feuer viele kleine machte, die bald genauso außer Kontrolle gerieten und gelöscht werden mussten.
Marion und ich saßen da, eng umschlungen, sahen zu, wie sich die Leute betranken und sich zu Clowns machten, wir saßen da, sie vorne, ich hinten, mein Schwanz steif und fest an ihrem Arsch, und ich flüsterte in ihr rechtes Ohr: „Schwör bei Gott, dass du nichts mit Shane hast.“
Marion drehte ihren Kopf. „Was?“
„Schwör bei Gott, dass da nichts läuft zwischen euch. Ich hab hier ne Bibel dabei, da legst du deine Hand drauf und …“
„Ist das dein Ernst?“
„Ja!“
„Das ist kindisch!“
„Schwör bei Gott!“
„Sag mal, spinnst du?“
„Ich will endlich wissen, was da läuft.“
„Ich habe nichts mit Shane! Zum 100.000sten Mal!“
„Und wenn er es mir gesagt hat?“
„Dann lügt er.“
„Habt ihr euch geküsst?“
„Niemals!“
„Warum triffst du ihn heimlich? In der Nacht? Was hast du bei ihm zu suchen?“
Marion stand auf und sprang von dem Tischtennistisch. „Ist das ein Verhör?“
„Warum triffst du ihn?“
„Er kennt meinen Bruder.“
„Das weiß ich.
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