Magellan: Der Mann und seine Tat by Stefan Zweig

Magellan: Der Mann und seine Tat by Stefan Zweig

Autor:Stefan Zweig [Stefan Zweig]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2011-11-30T23:00:00+00:00


Magellan hat die Warnung verstanden. Aber nichts kann diesen eisennervigen Mann verstören. Ruhig bleibt er, ohne seine Erbitterung zu verraten, mit Mesquita bei Tisch, ruhig erteilt er auf dem Schiff die gewohnten Befehle, ruhig streckt er abends die schweren, wuchtigen Glieder zum Schlafe. Bald erlöschen alle Lichter; reglos wie große schwarze schlummernde Tiere liegen die fünf Schiffe im Schatten der Bucht; kaum nimmt man von einem den Umriß des andern wahr, so völlig ist die Finsternis dieser winterlich langen, dieser wolkenverhangenen Nacht. Nicht kann man es sehen inmitten des drückenden Dunkels, nicht kann man es hören über dem heftigen Anschlag der Flut, daß um Mitternacht ein einzelnes bemanntes Boot sich leise von einem der Schiffe löst und sich dem »San Antonio« mit lautlosen Rudern nähert. Niemand kann ahnen, daß die drei königlichen Kapitäne Juan de Cartagena, Gaspar Quesada und Antonio de Coca in dem schmugglerisch leisen Boote versteckt sind. Der Plan der verbündeten Offiziere ist energisch und klug. Sie wissen, daß man Macht und Übermacht besitzen muß, um einen verwegenen Gegner wie Magellan an die Wand zu drücken. Diese Übermacht der spanischen Kapitäne hatte Karl V. wohlweislich gewünscht; bei der Abfahrt war nur eines, das Flaggschiff Magellans, einem Portugiesen anvertraut und wohlbedacht das Gegengewicht dadurch ausbalanciert, daß der spanische Hof die vier andern Schiffe unter spanische Führung stellte. Dieses vom Kaiser gewünschte Verhältnis hatte zwar Magellan inzwischen eigenmächtig umgestoßen, indem er erst Juan de Cartagena, dann Antonio de Coca wegen »Unverläßlichkeit« das Kommando des »San Antonio« abnahm und dies zweite und zweitwichtigste Schiff seinem Vetter Mesquita in die Hand gab. Mit den beiden größten Schiffen in fester Hand weiß er sich im Notfall auch militärisch Herr der Flotte. Um seine Verteidigungsfront zu brechen, um den Willen des Kaisers wiederherzustellen, gibt es daher nur ein Mittel: sich neuerdings des »San Antonio« zu bemächtigen, den rechtswidrig eingesetzten Mesquita auf irgendeine unblutige Weise unschädlich zu machen. Dann stehen die Spanier wieder drei zu zwei gegen Magellan und können so lange dem Admiral die Ausfahrt sperren, bis er sich bequemt hat, den königlichen Beamten die gewünschte Auskunft zu geben.

Ausgezeichnet ist der Plan durchdacht, und nicht minder sorgsam wird er von den erprobten Kapitänen ausgeführt. Vorsichtig fährt das Boot mit dreißig bewaffneten Männern an den schlafenden »San Antonio« heran, der hier im Hafen– wer denkt an Feinde?– keine Bordwache hält. Mit Strickleitern klettern die Angreifer an Bord empor, voran Juan de Cartagena und Antonio de Coca. Als frühere Kapitäne dieses Schiffs finden sie auch im Dunkel den Weg zum Schlafraum des Kommandanten; ehe Alvaro de Mesquita vom Bett auftaumeln kann, sieht er sich von Bewaffneten umringt, und schon ist er in Fußeisen gelegt und in das Gemach des Schiffsschreibers gestoßen. Jetzt erst wachen einige Matrosen auf. Einer, der maestre Juan de Eloriaga, wittert Verrat. Grob fragt er Quesada, was er nachts hier auf dem Schiffe zu schaffen habe. Aber Quesada antwortet mit sechs raschen Dolchstößen, und blutend bricht Eloriaga zusammen. Alle Portugiesen an Bord werden in Eisen gelegt: damit sind die verläßlichsten Anhänger Magellans schachmatt



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