Maddrax - Folge 455: Die überleben dürfen (German Edition) by Lucy Guth

Maddrax - Folge 455: Die überleben dürfen (German Edition) by Lucy Guth

Autor:Lucy Guth [Guth, Lucy]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Bastei Entertainment
veröffentlicht: 2016-08-05T14:32:12+00:00


Mit Höchstgeschwindigkeit raste PROTO, die untergehende Sonne im Rücken, über die von dem Tsunami verwüstete Ebene. Die Bergspitzen des nahen Gebirges glühten in rötlichem Licht, doch was in einer anderen Situation ein erhebender, vielleicht sogar romantischer Anblick gewesen wäre, kam Xij in diesem Moment wie ein böses Omen vor.

Krua und Opak waren unruhig: Krua stand regungslos im Cockpit an Toms Seite, der im Fahrersitz saß und das Letzte aus dem Panzer herausholte. Die ganze Haltung des Wulfanen verriet seine Anspannung. Selbst Matt, der in den vergangenen Tagen viel mit Krua geredet hatte, wagte es nicht, ihn anzusprechen.

Opak hockte neben der Kiste mit den Medikamenten und zählte sie zum dritten Mal durch. Das war wohl seine Art, mit der Situation umzugehen. Untätigkeit lag ihm offenkundig nicht.

Die Unruhe der Wulfanen übertrug sich auch auf die Menschen. Tom fuhr den Panzer zwar konzentriert, doch Xij kannte ihn zu gut, um die kleinen Anzeichen nicht zu bemerken: Er kaute unbewusst auf seiner Unterlippe herum – eine Angewohnheit, die sie schon immer rasend gemacht hatte.

Matt schien über den Karten zu brüten, doch Xij sah genau, dass er beständig auf eine Stelle starrte und ganz anderen Gedanken nachhing.

Und Xij selbst lief durch PROTO wie ein alter Zirkustiger im Käfig; vom Cockpit zur hinteren Luke und wieder zurück. Hin und wieder starrte sie durch die Frontfenster hinaus, doch sie wusste gar nicht, wonach sie suchte. Aber alles war besser als Untätigkeit. Und mit der inneren Unruhe wuchs auch der eiskalte Knoten, der sich in Xijs Bauch gebildet hatte – sie hatte eindeutig eine ganz miese Vorahnung.

„Da vorne ist es“, sagte Krua schließlich heiser.

Xij trat an seine Seite, um durch das Fenster zu spähen.

„Bist du sicher?“, fragte Tom stirnrunzelnd. Die Nacht war mittlerweile hereingebrochen. Obwohl der beängstigend große Mond fast voll war und draußen alles in fahles Licht tauchte, war an der Stelle, auf die sie zuhielten, nur ein dunkler Schemen zu erkennen – wie ein Kadaver lag er in der Dunkelheit der Nacht. „Sollten wir nicht ein paar Lichter sehen? Feuerstellen, Fackeln?“

„Ich bin in diesem Dorf vor über zwanzig Sommern geboren worden“, sagte Krua. Seine Stimme klang seltsam erstickt. „Ich bin dort aufgewachsen, in den Bergen und in der Umgegend auf die Jagd gegangen. Ich bin unzählige Male auf diesem Weg zurückgekehrt – wenn auch zu Fuß und nicht in so einem Fahrzeug.“

„Entschuldige“, sagte Tom, „ich wollte dir nicht unterstellen, dass du nicht weißt …“

Doch Krua unterbrach ihn. „Ich weiß genau, wo unser Dorf liegt“, sagte er. „Und ich weiß, wie es zu dieser Zeit aussehen sollte. Ja, eigentlich müssten dort Feuer zu sehen sein.“

Unheimliche Stille legte sich über den Panzer und seine Besatzung. Keiner sagte mehr ein Wort. Auch nicht, als PROTOs Scheinwerfer die ersten einfachen Lehmhäuser erfasste und ihre Umrisse aus der Nacht schälte. Tom hielt an. Krua und Opak stürzten ins Freie, Xij, Matt und Tom folgten langsamer.

Das Dorf war aus einfachen Hütten errichtet – etwa zwei Dutzend davon drängten sich in kleinen Gruppen um drei erloschene Feuerstellen wie verängstigte Tiere. Keines der Feuer brannte.



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