Lilie und Purpur by Robert Merle

Lilie und Purpur by Robert Merle

Autor:Robert Merle [Merle, Robert]
Die sprache: de
Format: mobi, epub
veröffentlicht: 2012-06-11T19:11:33+00:00


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NEUNTES KAPITEL

Richelieu sagte, meine Feinde am Hof dürften weder meine von Kugeleinschlägen übersäte Karosse sehen noch meine Schweizer. Also blieben sie auf sein Geheiß eine Viertelmeile vor Fontainebleau in einem ländlichen Gasthof zurück, dessen Schild Hörner sehr ergötzte, denn es zeigte einen Strauß, ein Tier, das in seinem Land noch so unbekannt war wie in meinem.

Während ich mit den Schweizern meine Rechnungen beglich und sie verabschiedete, wartete der Kardinal in seiner Karosse, die er im Schatten abstellen ließ, vor fremden Blicken verborgen. Meine Kutsche wurde in einem Pferdestall unter einer Plane versteckt, bis mein Vater in Fontainebleau vom König empfangen worden wäre. Danach würde der Marquis de Siorac unverzüglich zum »Straußen« eilen und, von den Schweizern begleitet, in meiner Karosse nach Paris zurückkehren. Ich hingegen würde beim König bleiben, weil dort mein Platz war und mein Dienst.

Weil ich wußte, daß Richelieu auf mich wartete, verkürzte ich meine Abrechnung mit Hörner so gut ich konnte, ohne aber den Betrag zu kürzen, vielmehr legte ich auf die vereinbarte Summe noch ein Erkleckliches für die Pflege der Verwundeten drauf.

»Ach, Herr Graf!« sagte Hörner, »habt tausend Dank! Man trifft nicht oft einen Edelmann, der dem Soldaten soviel Achtung erweist. Und ich verhehle Euch nicht, daß meine Männer und ich sehr traurig sind, Euch zu verlassen, so gut erging es uns bei Euch.«

»Hauptmann«, sagte ich, »traurig bin ich genauso, daß ich mich von Euch trennen muß. Aber das versichere ich Euch, sollte Fortuna mir eines Tages soviel bescheren, daß ich mir von Januar bis Dezember ein Gefolge leisten könnte, würde ich Euch gerne dingen, wenn Ihr einverstanden wärt.«

»Und ob ich einverstanden bin, Herr Graf! Geb es der Himmel!«

»Täte es Euch aber nicht leid«, sagte ich, »das große Paris zu verlassen und so oft in Orbieu zu leben, zwischen Kühen und Schafen?«

»Gott im Himmel, Herr Graf! 1 Sind wir nicht Bauern aus den Schweizer Bergen, die ihre Heimat verlassen mußten, um nicht Hungers zu sterben? Aber das Kriegshandwerk nährt seinen Mann auch nur kärglich, wenn es ihn nicht umbringt. Unser Dasein in Paris, dieser, wenn Ihr erlaubt, Herr Graf, doch sehr stinkenden Stadt, ist ziemlich heikel. Oft haben wir ein, zwei Wochen nacheinander nichts zu tun, weil kein Edelmann uns mietet. Trotzdem brauchen die Pferde ausreichend Futter – die Männer müssen leider darben –, denn die Tiere gehen vor, wie ich immer sage, ohne Pferde keine Eskorte! Und ich will Euch auch noch mal großen Dank sagen, Herr Graf, für alle die reichlichen Mahlzeiten, die Ihr uns in den Gasthöfen spendiert habt, ohne an Fleisch und Wein zu knapsen. Darf ich fragen, Herr Graf, wann der Marquis de Siorac von hier abreist?«

»Spätestens morgen.«

»Das freut mich, Herr Graf, denn, offen gestanden, will ich schnell nach Paris, um den Teil der Beute, der Euch zugestanden hätte und den Ihr so gütig wart, uns für die beiden Soldatenwitwen zu überlassen, zum besten Preis loszuschlagen. Diese Pferde verlangen im Augenblick Pflege und Futter, ohne etwas einzubringen.«

»Hauptmann«, sagte ich, »Ihr könnt der ›Straußen‹-Wirtin ausrichten, sie soll den Hafer für heute auf meine Rechnung setzen.



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