Lichtjahreweit by Ziegler Thomas

Lichtjahreweit by Ziegler Thomas

Autor:Ziegler, Thomas [Ziegler, Thomas]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


IV

Wenn es Männer wie Calhan gab, dann mußte es auch Frauen wie Lyzis geben. Und wie Calhan einer grausigen, gefräßigen Spinne gleich im Dom aus Stahl und Stein von Nyanderhen regierte, so thronte Lyzis wie ein giftiges Nachtschattengewächs über den Dächern von Qu’ail.

Wie ein Nachtschattengewächs.

Denn Qu’ail hieß Schwarz.

In Qu’ail wurde es niemals hell. Niemals.

Zu keiner Stunde, zu keiner Jahreszeit beschien das Licht der aufgedunsenen Sonne die winkligen Gassen, die Treppenstraßen und Laubengänge, die sonderbar verdrehten Korkenzieherstiegen und die harzigen Hohlwege der Stadt. Keine Talgkerze, keine Öllampe, keine Glühwurmlüster, nicht einmal der Reflex des Sternenlichts auf geputztem Geschmeide erhellte das dumpfe Dunkel in den Häusern aus schwarzem Stein. Kein flackerndes Feuer brannte in den Kaminen und Kochstellen der Stuben und Kammern und keine Fackel in Messingverschalung wärmte die Augen mit ihrem Schein.

In Qu’ail gab es keine Fackeln, nur ewige Nacht.

In Qu’ail war Licht ein Schimpfwort und Helligkeit ein Fluch.

In Qu’ail gab es nicht einmal Augen, denn schon den Kindern schnitt man die Augen heraus, um sie vor dem Verbrechen des Sehens zu bewahren und ihre Seelen von der Krankheit der Erkenntnis zu heilen. Und für den Fall, daß all das nicht genügte, fügte die Stadt dem Geschenk der Blindheit die Gabe der Nacht hinzu. Ein Baldachin aus schwefligem Rauch, gespeist aus dem wasserlosen Brunnen im Herzen von Lyzis’ Palast, lag schon seit Urzeiten über den Dächern und Wällen, den stillen Straßen und gespenstischen Gassen, den schwarzen Plätzen und lichtlosen Stiegen, und diese Glocke aus Rauch war so undurchdringlich, daß jeder Sonnenstrahl erlosch, wenn er sich auch nur einen Fingerbreit in sie hineinwagte.

Manche behaupteten, daß der Rauch lebte.

Manche behaupteten, daß der Rauch die Ausdünstung des verwesenden Kadavers eines Gehörnten war, der am Grund des wasserlosen Brunnens seit Äonen schwärte und seinen grauen Leichendunst hinauf zu den Behausungen der Menschen schickte.

Manche behaupteten, daß der Rauch von großen schwarzen Feuern stammte, von unlöschbaren, fremdartigen Feuern, die im Bauch der Erde lichtlos brannten, und daß über diesen Feuern all die armen Tröpfe geröstet wurden, die es gewagt hatten, durch Fadheit und Zähigkeit den Gaumen der Lady Lyzis zu beleidigen und die mit all den anderen Küchenabfällen in die unauslotbaren Tiefen des Brunnens geworfen worden waren.

Es blieb sich gleich. Der Rauch war da und er wich niemals. Lückenlos wölbte sich die wallende Rauchglocke über die schwarzen Mauern der Stadt, eine Pestbeule am Fuß der Krograniten, die wie eine zweite, viel höhere Mauer aus Gletschern, Gipfel und Gestein den Weg in den goldenen Westen versperrten und weite Schatten über die Steppen von Ostien warfen, Schatten, die sich bei Einbruch der Nacht mit dem Baldachin über Qu’ail vereinigten und alles unter Finsternis begruben, was es gewagt hatte, dem Versprechen des Tages zu trauen.

Und inmitten dieser schwärenden Schwärze, auf dem Platz der Blindheit, wo sich Lyzis’ Palast in Form des versteinerten Schädels eines kosmischen Nachtmahrs erhob, der vor undenklichen Zeiten mit den Gehörnten zur Erde gekommen war, um die Herrschaft der Eisenmänner zu brechen, um die Eisernen von ihren menschlichen Fleischtöpfen zu vertreiben und sie in grausamen Kriegen zu



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