Letzte Zugabe by Dieter Hildebrandt & Dieter

Letzte Zugabe by Dieter Hildebrandt & Dieter

Autor:Dieter Hildebrandt & Dieter [Hildebrandt, Dieter]
Die sprache: deu
Format: azw3, mobi
Herausgeber: Karl Blessing Verlag
veröffentlicht: 2014-03-12T09:38:03+00:00


BAYERISCHE JUSTIZ

Man darf nicht alle Gesetze, die nach 1933 in Kraft gesetzt wurden, verachten. Oft wurden sie von Menschen gemacht, die viel Maßgebliches geleistet haben. Unter Hitler. Es waren Gesetze, die mühevoll erarbeitet worden sind.

Mit welcher List und welcher Intelligenz zum Beispiel hat man die lästige Polizei entmachtet, die immer noch darauf bestanden hat, dass es Gesetze gibt, die auch die Partei einhalten muss. Es klingt einfach, aber darauf kommen musste man.

1935 bekam die SS ebenfalls die Polizeigewalt. Von da an lief alles nach Plan für Hitler. Ein kluger Kopf, dem das entsprungen war. Ein gewisser Maunz. Es gab noch andere.

Die ließ man nach 1945 nicht einfach laufen, ich meine spazieren gehen, was sie durchaus hätten tun können, denn sie bekamen ohne Übergang ihre recht anständigen Pensionen.

Maunz wurde nach ’45 natürlich nicht Justizminister in Bayern. Aber Kultusminister.

(Ein Mann mit Charakter, denn er hat nie verleugnet, ein Nazi geblieben zu sein. Er schrieb fleißig weiter für Neonaziblätter. Allerdings unter falschem Namen.)

ERFREULICHES AUS BAYERN

Es gibt auch erfreuliche Mitteilungen aus dem vorigen Jahr. Und wo sollen die schon herkommen?

Aus Bayern natürlich. Stoiber ist wirklich gegangen. Im letzten Moment muss er noch gezögert haben. Das Umfrageinstitut dimap hatte kurz zuvor gemeldet: 73 Prozent der Bayern sind mit Stoiber zufrieden. Und der Rest von 54 Prozent ist sogar hochzufrieden.

Ich habe es geahnt, er ist von diesem Diadochenpaar gemobbt worden. Huber, das intellektuelle Zentrum Bayerns, der Mann, dessen gepflegte Sprache ganze Parteitage in Furcht und Schrecken versetzt … wenn man Ruhe im Parteivolk haben will, kann Huber mit seiner Rede wie ein Anästhetikum eingesetzt werden. Wenn er fertig ist, könnten die Zuhörer schmerzlos operiert werden. Der niederbayerische Cicero ist jetzt endlich Parteichef.

Beckstein wiederum stellt die Lücke dar, die Stoiber hinterlässt. So schöne Sätze wie Edelmund, wie Edmund, wird er nie zustande bringen, wie zum Beispiel: »Ich habe hohen Respekt vor der Achtung, die ich vor mir habe.«

Dieses traute Paar, die beiden werden von den Berliner CSU-Abgeordneten schon die Kaczinskis genannt, hat sich das Erbe des scheidenden Duodezfürsten aufgeteilt.

Der Abschied wollte gar nicht enden. Sie sind alle so dankbar! Huber hatte sich sogar ein paar Tränen mitgebracht. Er hat ihm gedankt für die Erhaltung der Landwirtschaft in Bayern. Im Namen der Großbauern. Die Kleinbauern sind alle geschrumpft, ihre Felder Golfplätze – ihre Höfe Museen. Er hat gedankt, und zwar aus vollem Herzen für seine kommunalfreundliche Politik, da lachen die Kommunalpolitiker, und zwar aus vollem Hals, bis wohin ihnen das Wasser steht.

Dann dankt er weiter, der Huber, und zwar tief empfunden für die Erhaltung der christlichen Tradition – besonders am Bischofssitz in Regensburg, wo die Eltern misstrauisch werden, wenn ein Pfarrer verkündet: »Lasset die Kindlein zu mir kommen!«

WENN REICHE VERARMEN

Wir müssen umdenken. Der Hunger ist schon überall. Reiche verarmen vor unseren Augen. Wie vom Feuer vertriebene, im Schlaf überraschte Obdachlose stehen sie vor uns. Die Frau Schaeffler. Mit nichts als einem Pelz. Hilflos.

Wer einmal Milliarden hatte, Immobilien, Unternehmen, Autos, Aktien, Yachten, ist arm dran. Wer nichts hat, muss sich von nichts trennen. Er hat leicht lachen. Schwerer wird es für die Reichen, denn sie haben keine Erfahrung im Verarmen.



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