Letzte Ausfahrt Neckartal by Thilo Scheurer
Autor:Thilo Scheurer [Scheurer, Thilo]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783863583057
Herausgeber: Emons Verlag
veröffentlicht: 2014-01-20T23:00:00+00:00
15
Sonntag, 16. April
Treidler nahm das zweite Omelett mit Schinken und Paprika vom asiatischen Koch am Büfett entgegen. Vermutlich würde er nach ein paar Tagen Aufenthalt im Hotel Paradies ein paar Kilo mehr wiegen. Seit einer guten halben Stunde befand er sich nahezu alleine im Frühstücksraum und kostete die Annehmlichkeiten seiner Dienstreise. Drei Teller und zwei leere Kaffeetassen stapelten sich inzwischen auf seinem Tisch, und von Melchior war weit und breit nichts zu sehen. Ein beschauliches und ruhiges Frühstück, fand er.
Er hatte das Omelett zur Hälfte vertilgt, als die Aufzugstüren auseinandergingen. Im ersten Moment geschah nichts. Die Türen blieben einfach offen stehen. Mit gesenktem Kopf trat Melchior schlieÃlich aus der Kabine und steuerte auf den Speisesaal zu. Sie verbarg ihre Augen hinter einer riesigen Sonnenbrille. Ihr sonst so dunkler Teint hatte eine gräuliche Färbung angenommen. Sie wäre besser noch ein paar Stunden im Bett geblieben. Kurz hob sie ihren Kopf, entdeckte Treidler und setzte sich wortlos auf den Stuhl gegenüber.
Treidler musterte sie mit einer Mischung aus Mitleid und Belustigung. Ihr Brummschädel würde sicherlich noch eine Weile anhalten. »Morgen, Melchior. Haben Sie gut geschlafen?«
Keine Antwort. Vermutlich lag ein Vormittag vor ihm, an dem er alles zweimal sagen musste. Treidler seufzte. »Ihnen ging es schon mal besser, richtig?«
»Haben Sie mir den Pullover ausgezogen?«, entgegnete sie.
»Nein, ich habe den Nachtportier dazu gerufen.«
»Das ist nicht witzig, Treidler«, brummte sie.
»Ach, kommen Sie, ein bisschen schon.«
»Nein. Das war eine einfache Frage, die man mit Ja oder Nein beantworten kann. Also haben Sie oder haben Sie nicht?«
Na schön. Er nickte.
»Warum?«
»Vielleicht wollte ich die Situation ausnutzen?«
»Haben Sie?« Melchior straffte den Rücken.
»Nein. Sie sind kurz davor eingeschlafen.«
Melchior atmete aus, stockte jedoch sogleich wieder. Erst jetzt hatte sie die Ironie in seiner Antwort bemerkt. »Ich weià nicht, warum ich immer noch hoffe, dass ich mich irgendwann mit Ihnen vernünftig unterhalten könnte.«
Treidler zuckte mit den Schultern. »Das kann ich Ihnen nicht sagen. Aber sollte ich Sie in diesen stinkenden Klamotten schlafen lassen?«
Statt einer Antwort starrte Melchior die Brösel auf der Tischdecke an.
Betont gleichgültig trennte er mit der Gabel ein Stück von seinem Omelett ab und schob es in den Mund. »Klasse, dieses Teil hier«, sagte er. »Das müssen Sie nachher unbedingt versuchen.«
»Ich habe keinen Hunger.« Die Fältchen um ihren Mund schienen über Nacht tiefer geworden zu sein. Sie sah um Jahre älter aus als am Abend zuvor.
»Was allerdings gestern schon am Büfett fehlte«, fuhr Treidler wie beiläufig fort, »sind Brezeln oder anderes Laugenzeugs. Das ist nicht so angesagt hier in Berlin, richtig?«
»Und ⦠und die Jeans auch?« Melchior klang, als ob sie die Antwort nicht hören wollte.
Treidler konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen.
»Zum Teufel mit Ihnen.« Melchior lehnte sich zurück und verschränkte die Arme.
»Warum?«
»Verdammt noch mal, mir tut der Kopf weh, als ob jemand mit dem Hammer dagegenschlägt, und Sie sagen so nebenbei, dass Sie mir gestern Abend im Bett die Hose ausgezogen haben?«
»Ja«, entgegnete Treidler.
»Ja? Sonst fällt Ihnen nichts dazu ein?«
»Doch.« Treidler grinste. Er hatte seinen SpaÃ.
»Was?«
»Sie sollten weniger trinken«, erwiderte er. »Und Sie brauchen keine Angst zu haben, es ist nichts passiert zwischen uns.
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