Lehane Dennis by Shutter Island

Lehane Dennis by Shutter Island

Autor:Shutter Island [Island, Shutter]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2012-05-07T16:55:34+00:00


18

ALS ER CAWLEYS Haus von hinten sah, konnte er kaum noch gehen.

Er bog um das Haus herum und schleppte sich die Straße hinauf zum Haupttor. Er hatte das Gefühl, die Entfernung hätte sich seit dem Vormittag vervierfacht. Neben ihm trat ein Mann aus der Dunkelheit, schob Teddy den Arm unter und sagte: »Wir haben uns schon gefragt, wann Sie wieder auftauchen.«

Der Direktor.

Seine Haut war so weiß wie Kerzenwachs, so glatt, als sei sie lackiert, und etwas durchscheinend. Die Fingernägel des Direktors, bemerkte Teddy, waren sorgfältig gefeilt und weiß wie seine Haut. Noch ein wenig länger, und sie hätten sich gebogen. Aber das Erschütterndste an ihm waren die Augen. Ein seidiges Blau voll sonderbarer Verwunderung. Die Augen eines Babys.

»Freut mich, dass ich Sie endlich kennen lerne, Direktor. Wie geht’s?«

»Och«, sagte der Mann, »mir geht’s sehr gut. Und Ihnen?«

»Ging mir noch nie besser.«

Der Direktor drückte Teddys Arm. »Freut mich zu hören. Haben wir uns einen kleinen Spaziergang gegönnt, ja?«

»Na ja, da die Patientin gefunden wurde, dachte ich, ich könnte mal die Insel erkunden.«

»Das hat bestimmt Spaß gemacht.«

»Auf jeden Fall.«

»Wunderbar. Haben Sie die Ureinwohner gesehen?«

Kurz stutzte Teddy. Sein Kopf summte unablässig. Er konnte sich kaum noch auf den Beinen halten.

»Ach, die Ratten«, sagte er.

Der Direktor klopfte ihm auf den Rücken. »Genau, die Ratten! Sie haben so etwas Königliches, finden Sie nicht?«

Teddy sah den Mann an und sagte: »Das sind Ratten.«

»Tiere, ja. Ich weiß. Aber wie sie auf den Hinterbeinen sitzen und einen anstarren, wenn sie meinen, in sicherer Entfernung zu sein, und wie schnell sie huschen, hinein ins Loch oder heraus, dass man gar nicht so schnell gucken kann …« Der Direktor schaute hinauf zu den Sternen. »Gut, vielleicht ist königlich das falsche Wort. Wie wär’s mit nützlich? Es sind ausgesprochen nützliche Tiere.«

Sie standen vor dem Haupttor. Der Direktor hielt Teddys Arm noch immer umfasst und drehte sich nun mit ihm, sodass sie zurück auf Cawleys Haus und das Meer dahinter schauten.

»Haben Sie Gottes letztes Geschenk genossen?«, fragte der Direktor.

Teddy sah den Mann an und ahnte Wahnsinn in dessen vollkommenen Augen. »Wie bitte?«

»Gottes Geschenk«, erklärte der Direktor und wies mit schwungvoller Armbewegung auf die zerstörte Landschaft. »Seine Gewalt. Als ich in meinem Haus nach unten ging und den Baum im Wohnzimmer sah, da griff etwas nach mir wie eine göttliche Hand. Natürlich nicht wirklich, aber in übertragenem Sinne. Gott liebt Gewalt. Das verstehen Sie doch, oder?«

»Nein«, sagte Teddy. »Das verstehe ich nicht.«

Der Direktor ging einige Schritte weiter und drehte sich zu Teddy um. »Warum sollte es sonst so viel Gewalt geben? Sie ist in uns. Sie kommt aus uns. Sie ist unwillkürlicher als das Atmen. Wir führen Krieg. Wir verbrennen Rauchopfer. Wir zerreißen unsere Brüder und plündern. Weite Felder füllen wir mit unseren stinkenden Toten. Und warum? Um ihm zu zeigen, dass wir von seinem Vorbild gelernt haben.«

Der Mann strich über den Einband des kleinen Buches, das er gegen seinen Bauch drückte.

Er grinste, und seine Zähne waren gelb.

»Gott schenkt uns Erdbeben, Orkane, Tornados. Er schenkt uns Berge, die Feuer auf unsere Köpfe regnen lassen.



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