Lebenslauf by Alice Schwarzer

Lebenslauf by Alice Schwarzer

Autor:Alice Schwarzer [Schwarzer, Alice]
Die sprache: deu
Format: azw3, mobi, epub
ISBN: 9783462305128
Herausgeber: eBook by Kiepenheuer&Witsch
veröffentlicht: 2014-11-16T23:00:00+00:00


Porträt Paris, 1972

In Deutschland, Juni 1971

Nouvel Observateur Titel 11. 4.1971, Stern-Titel 6. 6.1971

Mit Bruno in Amsterdam, Sommer 1971

Bruno mit deutschen Feministinnen

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1974

Die Aktion »Letzter Versuch«

Und Frauenland auf Femø

Jüngst war ich mal wieder in Berlin. Und das nicht nur in Wilmersdorf, wo mein heutiges pied à terre ist, oder zum Bummeln in Mitte, nein, ich war auf den Spuren meines Lebens: in Kreuzberg und in Steglitz; am Lausitzer Platz, wo ich über Monate im Hinterhaus zu Besuch war und politisch viel angezettelt habe; und am Breitenbachplatz, wo ich zunächst mit Ursula zu zweit und dann zu dritt in einer Frauen-Wohngemeinschaft logierte.

Und obwohl das doch nun 36 Jahre her ist, stieg gleich wieder die alte Beklommenheit in mir hoch. So ein Gefühl von Fremd- und Einsamsein. Auch an die Wohnung habe ich nur eine eigenartig blasse Erinnerung. Kein Wunder: Die meiste Zeit war ich unterwegs. Ich habe in meinem Leben oft viel gearbeitet, aber in diesen zwei Jahren scheine ich von einer wahren Rage erfasst.

Was mir auch die Flucht vor Berlin erlaubt. Denn hier, in der deutsch-deutschen Frontstadt, erleide ich einen wahren Kulturschock. Die damals noch geteilte Stadt, in der ich bei jedem Spaziergang gegen die Mauer stoße, scheint mir regelrecht erstarrt in einer Art Lagermentalität. Es gibt nur: Freund oder Feind! Schwarz oder weiß! Falsch oder richtig! Und das gilt sowohl für die breite Bevölkerung wie für weite Teile der linken Szene, die Frauenbewegung keineswegs ausgenommen. Es geht bis in die rigide Sprache hinein, die man zu sprechen bzw. zu schreiben hat, weil man sonst nicht dazugehört.

In den späteren Jahren wird sich so manche Feministin – mal gelassen, mal gehässig – dagegen verwahren, dass ich, Alice Schwarzer, die »Gründerin der Frauenbewegung« sei bzw. ihr Sprachrohr. Wie recht diese Frauen haben! Und das nicht nur, weil es bei der nicht traditionell organisierten Frauenbewegung ja gar keine Gründerin geben kann und die Gruppen sich nach dem initialen Impuls der Stern – Aktion spontan und allerorten aus eigener Initiative gebildet hatten. Nein, auch weil ich von Anbeginn an untypisch war für die deutsche Frauenbewegung. Ein Import, der immer fremd blieb.

Sicher, ich habe mit Impulsen, Aktionen und Veröffentlichungen zum Aufbruch der Frauen beigetragen. Aber vieles, was in den Frauenzentren so geredet und getan wurde, war nicht meine Sache (wie zum Beispiel dieses epidemische Stricken und das Ironie-Verbot). Ich verstehe mich von Anfang an als Feministin und Autorin, als Teil der Frauenbewegung und gleichzeitig als unabhängige Journalistin. Denn ich bin ja zu der Zeit keineswegs eine Studentin, wie die Mehrheit der aktiven Feministinnen in Deutschland, sondern ich bin eine Journalistin und Buchautorin. Es ist meine Profession, zu veröffentlichen oder im Fernsehen zu agieren. Gleichzeitig bin ich eine politische Aktivistin, und wie sich beides verbinden lässt, das habe ich in Paris gelernt.

Eine kleine, aber charakteristische Episode im Berliner Frauenzentrum in der Hornstraße 2 mag verdeutlichen, was ich meine. Es ist Frühling 1974. Die Abstimmung im Bundestag über die Reform des § 218 steht kurz bevor, und ich bin vielfältig engagiert bei der Mobilisierung im Kampf für die Abschaffung des § 218.



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