Kompression by To Ubukata
Autor:To Ubukata [Ubukata, To]
Die sprache: deu
Format: epub, mobi
Tags: Science Fiction
Herausgeber: Heyne Verlag
veröffentlicht: 2011-11-22T23:00:00+00:00
6
Als sie wieder im Versteck ankamen, zeigte das Display auf dem Schreibtisch des Docs mehrere Dringend!-Notruf!-Icons, übereinander aufgepoppt. Alles Anfragen des Staatsanwalts.
Der wichtige Empfänger dieser Nachrichten hatte sich in das hintere Labor zurückgezogen. Seine Hände steckten in Handschuhen, die sozusagen in der Seite einer Art Aquarium steckten. Er kämpfte mit einem Mikroskop.
»Doc, der Staatsanwalt möchte gern deine Mailbox fluten«, grinste ihn Œufcoque an.
»Soll mir recht sein. Ich habe getan, was ich konnte. Jetzt muss ich nur noch wirklich konstruktive Arbeit leisten.«
Sie sahen sich nicht mal an, während sie so vertraut miteinander redeten. Balot stand dazwischen und fühlte sich plötzlich ganz allein. Das fand sie nicht komisch, also stupste sie den Doktor mit der Schachtel an, die sie in der Hand hielt.
»Vorsicht.«
Überrascht trennte sich der Doc von seinem Mikroskop und sah Balot an.
»Das ist eine ziemlich große Schachtel. Was ist da drin?«
»Dein Anzug, Doc. Du musst ihn anziehen. Das ist die Voraussetzung dafür, dass Balot vor Gericht erscheinen wird«, erklärte Œufcoque, der wieder vom Halsband zurück in die Maus gemorpht war und auf Balots Schulter stand.
»Und du hast den Anzug ausgesucht? Du, Rune Balot?«
Balot nickte. Es war das Letzte gewesen, was sie gekauft hatte.
»Also, ich hab schon Sachen, mit denen ich mich in der Öffentlichkeit blicken lassen kann …«
»Dein Sinn für Mode entspricht nicht ganz den Wünschen unserer Auftraggeberin.«
Balot zeigte mit einem Finger auf die Haare des Doc. Seine scheckig bunt gefärbten Haare. Und dann fuhr sie sich mit den Fingern durchs Haar, als wollte sie sich kämmen. Mach deine Haare auch ordentlich, wollte sie damit sagen.
»Das hättest du aber auch gleich sagen können, dass es an meinem Stil liegt. Der Staatsanwalt arbeitet gerade wie ein Wahnsinniger daran, dass alles bis zum Plädoyer beim Eilgericht fertig wird.«
Balot schmollte ein bisschen und stupste ihn erneut mit der Schachtel.
»Doc, du hast es nicht verstanden. Unsere Klientin ist kapriziös, naiv und launisch. Wenn du nicht in jedem Augenblick ihre Gefühle sensibel errätst, wird sie noch im selben Moment einen Antrag auf den Austausch der Zuständigen stellen«, sagte Œufcoque todernst von ihrer Schulter aus.
»Du hast das ja anscheinend ganz gut verstanden, Œufcoque?« Der Doc überprüfte, welche Größe auf der Schachtel aufgedruckt war, und nickte beeindruckt.
»Exakt die richtige Größe.«
Für Balots neue Fähigkeiten war das ziemlich einfach gewesen. Sie zeigte unzufrieden auf den Bildschirm, der mittlerweile voller Dringend!-Notruf!-Icons war, doch der Doc sah nicht so aus, als würde ihn das besonders interessieren. Das Aquarium interessierte ihn viel mehr, der Inhalt der kleinen Reagenzgläser und Petrischalen, in denen er seit einiger Zeit herumtastete.
»Mach dir keine Sorgen, wenn du so weit bist, wirst du ganz schnell wieder sprechen können«, sagte er, klemmte sich die Schachtel nachlässig unter den Arm und steckte wieder eine Hand in den Aquarium-Handschuh.
»Ich muss noch ein wenig experimentieren und was ausprobieren, bis das was wird. Wenn ich so darüber nachdenke, das ist ganz schön schwierig. Die Rekonstruktion von etwas, das noch im Wachstum war. Mit einem Ersatz wird sie wohl nicht zufrieden sein.«
Balot zog die Augenbrauen zusammen. Sie hatte keine Ahnung, wovon der Doc sprach.
Als hätte er ihre Gefühle erraten, fragte Œufcoque in diesem Moment nach.
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