Knappheit: Was es mit uns macht, wenn wir zu wenig haben (German Edition) by Mullainathan Sendhil

Knappheit: Was es mit uns macht, wenn wir zu wenig haben (German Edition) by Mullainathan Sendhil

Autor:Mullainathan, Sendhil [Mullainathan, Sendhil]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2014-01-03T16:00:00+00:00


Was die größte Rolle spielt, ist das Fehlen von Reserven, um einen neuen Schock abzufedern. Das ist der Grund für die großen Auswirkungen jeder Störung. Wo nimmt man ohne ausreichend Reserven das Geld für die Reparatur des Autos her, wenn es kaputt geht? Haben Sie Geld flüssig, nehmen Sie es dafür her. Sind Sie einigermaßen wohlhabend, werden Sie bei anderen Ausgaben etwas zurückstecken und vielleicht auf das teure Dinner verzichten, das Sie am Wochenende geplant haben. Wenn Sie einen Zweitwagen haben, werden Sie vielleicht die Reparatur aufschieben, bis Sie das Geld dafür beisammen haben. Das sind alles leicht zu verwirklichende Optionen. Wenn Ihnen aber Ersparnisse und ein Zweitwagen fehlen und es auch kein teures Dinner gibt, das Sie streichen können, wird die Autoreparatur zu einer ernsten Herausforderung. Wo könnten Sie das Geld herbekommen? In diesem Augenblick legen Sie Ihre Scheuklappen an. Sie borgen Geld. Und stehen damit am Anfang des Wegs zurück in die Knappheitsfalle.

All dies legt nahe, unseren Begriff von Knappheit zu vertiefen: Knappheit ist nicht nur die durchschnittliche Lücke zwischen den Ressourcen und den Wünschen. Selbst wenn es, wie im Falle der Straßenhändlerinnen, viele Tage mit Reserven gibt, sind es doch die Tage mit Knappheit, die zählen. Um von Knappheit befreit zu sein, genügt es nicht, im Schnitt mehr Ressourcen als Bedürfnisse zu haben. Es ist auch wichtig, genügend Reserven zu haben (oder über einen anderen Mechanismus zu verfügen), um größere Schocks abzufedern, die jeden in jedem Moment treffen können. Sozialforscher und ganz besonders Ökonomen haben schon vor einiger Zeit verstanden, mit welchem Gewicht die Ungewissheit ihre Forschungsergebnisse beeinflusst. Wir wissen, dass ungewisse Zinserträge Investitionen reduzieren können und dass unregelmäßige Einkommen zu Angst und Widerwillen führen. Wir wollen aber hier vor allem die Unsicherheit und Instabilität im Zusammenhang mit der Knappheit betrachten. Danach können Zeiten der Knappheit Verhaltensweisen hervorrufen, die uns schließlich in die Knappheitsfalle hineinziehen. Und mit Knappheitsfallen können aus Zeiten des Überflusses mit eingesprenkelten Momenten von Knappheit sehr schnell Zeiten immerwährender Knappheit werden.

Das heißt im Übrigen nicht, dass der einzige Weg zur Vermeidung von Knappheitsfallen darin besteht, genug Vermögen zu haben, um alle Schocks abzufedern. Es heißt nicht, dass für die Straßenhändlerinnen der einzige Weg zur Lösung ihrer Probleme ist, ihnen noch mehr Geld zu geben. Die Diskussion unterstreicht vielmehr die Notwendigkeit, Instrumente zu schaffen, die Schocks abpolstern. Hätte unsere Straßenhändlerin einen zinsgünstigen Kredit oder ein flüssiges Sparkonto, das nur für Notfälle angegriffen werden kann, würde ihr das die notwendigen Reserven für die Bewältigung solcher kritischen Momente geben. Auch die Versicherung gegen die eine oder andere Katastrophe würde das Problem lösen. Natürlich kennen viele die Segnungen solcher Puffer. Aber ihr guter Einfluss erscheint weit größer, als man bisher angenommen hat. Sie dienen nicht nur als Puffer für die Risiken des Geschäftslebens, sondern sind auch Bollwerke gegen die Gefahr, wieder in die Knappheitsfalle zu rutschen.



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