Kalt ist der Toten Hauch by Chandler Elizabeth

Kalt ist der Toten Hauch by Chandler Elizabeth

Autor:Chandler, Elizabeth [Elizabeth, Chandler]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2013-11-29T17:00:00+00:00


Tante Jule hatte über die stecken gebliebenen Schuhe in der Einfahrt nur gelacht und gemeint, ich solle sie bis morgen dort lassen und dann wegwerfen. Meine verdreckten Strumpfhosen hatte ich in den Mülleimer in meinem Zimmer befördert und das Kleid zum Trocknen aufgehängt. Eine lange heiße Dusche hatte auch die letzten Reste Schlamm und Mascara fortgespült, jedoch nicht diese Beklommenheit gegenüber Nora.

Ich musste mir eingestehen, dass ich nicht einfach nur Angst um sie hatte, sondern auch vor ihr. Die Tatsache, dass sowohl Tante Jule als auch Nick nichts Bedrohliches in Nora sahen und selbst Holly glaubte, ihre Schwester würde niemandem etwas zuleide tun, ließ mich allein dastehen. Ich fragte mich, ob mir mein eigener Verstand möglicherweise Streiche spielte – was, wenn ich mir die Stimme meiner Mutter nur eingebildet hatte?

Ich versuchte zu lesen, bis ich einschlafen konnte, doch es war zwecklos. Als in Tante Jules und Noras Zimmer irgendwann das Licht ausging, zog ich rasch ein Paar Shorts unter mein Nachthemd und ging wieder nach unten. Auf der dem Garten zugewandten Hausseite tigerte ich rastlos die Veranda auf und ab.

Meine Gedanken wanderten zu Nick. Ich konnte nicht fassen, dass ich ihn geküsst hatte, und zwar nicht nur mit meinem Mund, sondern mit meinem ganzen Herzen. Bisher war es immer einfach gewesen, meine Mutter für ihr verkorkstes Leben verantwortlich zu machen und sie als eines dieser Mädchen abzustempeln, die nicht ohne einen Typen leben konnten und in deren Leben nichts als Chaos herrschte. Doch nun schien ich selbst immer tiefer in diesen Abgrund zu fallen.

Und was war mit Holly? Ich hatte mir eingeredet, dass sie nicht ernsthaft auf Nick stand – sie war nicht abhängig von ihm. Andererseits wirkte Holly nach außen hin immer cool und ungerührt, also woher sollte ich wissen, was in ihr vorging? Es spielte auch gar keine Rolle. Nick hatte seine Datingregel klar und deutlich dargelegt: ein Mädchen nach dem anderen. Nach dem Abschlussball war die Nächste an der Reihe. Die roten Schuhe standen irgendwie symbolträchtig verlassen im Matsch.

Ich sah in ihre Richtung. Es hatte aufgehört zu regnen und der Mond lugte dann und wann zwischen den schnell vorüberziehenden Wolken hervor, um die verregneten Gärten und die lange Auffahrt in sein silbernes Licht zu tauchen. Was, wenn Holly mit Nick heimkam, die Schuhe fand und in den Müll warf?

Ich musste sie holen.

Ich kämpfte mich durch den Matsch und kam mir albern vor. Die Schuhe waren ruiniert, an ihnen war nichts mehr zu retten – ich könnte sie höchstens neben meinen Softball-Pokalen platzieren. Trotzdem, ich musste sie einfach haben.

Als ich zum Haus zurückkehrte, sahen meine Füße aus, als steckten sie in braunen Mokassins. Ich stellte die High Heels ab und lief zum Gewächshaus hinüber, um mir einen Eimer voll Wasser zum Füßewaschen zu holen. Den Knotengarten hatte ich gerade hinter mir gelassen, da war mir, als hätte ich auf der oberen Veranda eine Tür aufgehen hören. Ich wandte mich um und blickte nach oben.

»Hallo«, rief ich leise.

Es kam keine Antwort, doch ich konnte eine leichte Bewegung im Dunkeln erkennen.



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