In der Fremdenlegion by Erwin Rosen

In der Fremdenlegion by Erwin Rosen

Autor:Erwin Rosen [Rosen, Erwin]
Die sprache: eng
Format: epub
Tags: Abenteuer
Herausgeber: MOST Publishing


»Marschier oder verreck!«

Der Sturmruf der Legion. – Nachtalarm. – Auf dem Marsch. – Das Zählen der Kilometersteine. – Im Zeltlager. – Die Brutalität der Märsche. – Fremdenlegionär und Stabsarzt. – Der Kampf um das Opiat. – Das »Marschierschwein«. – Die Psychologie der Märsche. – Exaltierte Nerven. – »Cafard«. – Das Lied der Flüche.

Die Wochen verflossen. Die Rekrutenzeit war vorüber, und ich tat Dienst mit der Truppe.

Von allem Anfang an war ich fast ängstlich darauf bedacht, meine Pflicht voll und ganz zu tun, wahrscheinlich aus dem Rest eines einst stark entwickelten Selbstbewußtseins heraus. Die eigentliche Soldatenarbeit machte mir Freude, und ich sehnte mich in gleicher phantastischer Ungeduld nach blutigem Legionsdienst vor dem Feind wie alle anderen Legionäre, die täglich über die Chancen eines Marschbefehls debattierten.

Die Legion schien mir stets in fiebernder Ungeduld auf dem Sprung zum Ausmarsch zu sein – der feurige Soldatengeist einer langen Tradition steckte selbst den jüngsten Rekruten an und stellte vielleicht den einzigen edlen Kern einer Truppe dar, an der sonst ganz gewiß nichts Edles ist. Wenn vage Gerüchte über einen neuen Araberaufruhr an der Marokkogrenze in die Kaserne drangen, oder wenn das » Echo d'Oran« in der lakonischen Kürze eines offiziellen Telegramms von den kleinen Scharmützeln in Indochina berichtete, verbreitete sich die Nachricht wie ein Lauffeuer in den Mannschaftszimmern. Ueberall bildeten sich Gruppen von Legionären, die nur von ihrer Hoffnung sprachen, daß Alarm geblasen würde. Manchmal standen sie in Scharen vor der Regimentskanzlei, wenn irgendein aufregendes Gerücht verbreitet worden war, und warteten darauf, daß einer der Schreiber des Bureaus die Treppe herabstürme mit der Nachricht:

» Faites le sac!«

Packt euren Tornister! Das ist der alte ominöse Sturmruf, der von Mannschaftszimmer zu Mannschaftszimmer gellt, wenn die Legion mobil macht, das trockene, geschäftsmäßige Kennwort, das die Legion zu ihrem Kriegshandwerk ruft.

Das Abenteurerfieber, das ein ebenso unzertrennlicher Bestandteil des Legionslebens ist wie Armut und Entbehrungen und harte Arbeit, lag stets in der Luft.

Die gellenden Töne des Alarms hörte ich zum erstenmal in tiefer Nacht. Ich fuhr erschreckt aus dem Schlafe auf. Aux armes! schrillte die Trompete vom Kasernenhof. Die Sergeanten und Korporale stürmten durch die Zimmer und schrien den Weckruf durch die Kaserne » aux armes«! – zu den Waffen!

Mit einemmal wurde aus der Stille der Nacht eine wahre Hölle – Jauchzen und Gellen und Brüllen schallte von Zimmer zu Zimmer, die Kaserne war in Aufruhr.

» Faites Ie sac! En tenue de campagne d' Afrique,« schrien die Unteroffiziere, und neuer Jubel antwortete ihnen.

Die »afrikanische Feldausrüstung« war gar keine so einfache Sache, und bei allem Lärmen und Schreien wurde fieberhaft gearbeitet, denn in zehn Minuten mußte man feldmarschmäßig unten auf dem Kasernenhof antreten. Unter Singen und Pfeifen wurden die Tornister gepackt, während die einen schrien, es gehe » au Maroc«, und die anderen behaupteten, in Saïda seien die arabischen Stämme in hellem Aufruhr. Da wurden die Patronenkisten vom Regimentsmagazin gebracht. Mit einem Sappeurbeil wurden die Holzdeckel entzwei geschlagen, und von Mann zu Mann flogen die Patronenpakete. Wir rissen die Pappenumhüllung auf und sahen, daß es Platzpatronen waren!

» Merde!« schrie Korporal Wassermann.

Lärmen und Singen hörten wie durch ein Wunder auf.



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