In den Cordilleren by Karl May

In den Cordilleren by Karl May

Autor:Karl May [May, Karl]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Roman
ISBN: 3251202146
Herausgeber: Haffmans Verlag
veröffentlicht: 1995-12-31T22:00:00+00:00


Auf der Isleta del Circulo

Mit Tagesanbruch standen die Pferde bereit und siebzig wohlbewaffnete Krieger bei ihnen, nämlich die bereits erwähnten sechszig und außer denselben noch zehn ausgewählte Männer, welche uns nach der Pampa de Salinas begleiten sollten.

Die Pferde, welche wir gegen die unserigen erhalten hatten, waren ausgezeichnet, ebenso die Reservepferde, die mit den Vorräten bepackt waren, welche der Desierto für uns bestimmt hatte. Ich war nicht gewillt gewesen, meinen braven Braunen zu vertauschen, und hatte ihn also behalten. Da wir nun während des Rittes die Pferde wechseln konnten, war vorauszusehen, daß unsere Reise eine möglichst schnelle sein werde.

Nun galt es, Abschied zu nehmen. Sämtliche Bewohner des Dorfes, von denen die meisten gar nicht schlafen gegangen waren, befanden sich auf den Beinen, um uns lebewohl zu sagen. Der alte Desierto konnte die Seinen ohne Sorge verlassen, denn er hatte meinen Rat befolgt, Späher auszusenden, um gegen die Chiriguanos Sicherheit zu haben, und von andern Toba-Ansiedelungen Krieger herbeizurufen.

Von Unica wurde mir der Abschied nicht leicht, doch konnte ich ja hoffen, sie wieder zu sehen. Auch sie bat mich, recht schnell zu reiten, damit wir möglichst bald in Tucuman wieder zusammentreffen könnten. Leise flüsterte sie mir zu:

»Sie sind der vorsichtigste und zuverlässigste. Ihnen vertraue ich Sennor Horno an. Machen Sie ihn frei; aber sagen Sie ihm nicht, daß ich ihn mit Sehnsucht erwarte!«

Als ich ihr die Hand gegeben hatte und mich nun von ihr wendete, erblickte ich den Bläser der Signalpfeife. Er winkte mir und ging davon, indem er sich einigemale umsah, ob ich ihm folge. Er wartete an einer der nahen Hütten und schob mich hinein. Leider verstand er weder meine, noch ich seine Sprache. Dennoch hörte und begriff ich auf das deutlichste, weshalb er mir gewinkt hatte. Er griff nämlich sein Rieseninstrument, welches in der Ecke lehnte, spitzte den Mund, formte ihn zu einem weiten, runden Schlauch, legte ihn an das Loch der Pfeife und begann zu blasen, daß sein Gesicht blau, mir es aber rot und violett vor den Augen wurde. Er wollte, ehe wir auf Nimmerwiedersehen voneinander gingen, mir noch einmal den Genuß bereiten, den er für den höchsten des Erdenlebens hielt. Ich hörte ihm zu, bis ich glaubte, Einhalt thun zu müssen, da er sonst unbedingt zerplatzen werde, und gab ihm einige Stücke kleiner Münzen, über welche er so erfreut war, daß er die Pfeife sofort wieder an den Mund setzte. Ich aber machte mich mit der Gänsehaut, welche er mir angeblasen hatte, auf das schleimigste von dannen.

Die zurückbleibenden Krieger und Amazonen waren angetreten; an ihrer Spitze stand der Trommler. Ich sagte Unica einige Abschiedsworte für die Leute, und sie verdolmetschte ihnen dieselben. Als ich dann zu Pferde stieg, hörte ich, daß sie den Truppen zurief:

»Lebt wohl – lebt wohl – lebt wohl!«

Das sollten uns die streitbaren Helden zu- und nachrufen. Sie thaten es auch; aber anstatt der Worte ›lebt wohl‹ vernahm ich ein unentwirrbares Gemisch der schrecklichsten Konsonanten, zwischen denen nur das e und o, also die Vokale der beiden Worte, deutlich hervortraten. Die den Platz füllende



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