Im Wald by Nele Neuhaus

Im Wald by Nele Neuhaus

Autor:Nele Neuhaus
Die sprache: deu
Format: azw3, mobi, epub
Herausgeber: Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin
veröffentlicht: 2016-08-28T22:00:00+00:00


Montag, 13. Oktober 2014

»Nike? Ich bin’s. Eli!«

»Eli! Wo … wo bist du?«

Keine Antwort.

»Wie geht’s dir?«

»Mir geht’s gut. Tut mir echt leid, dass ich mich so lange nicht bei dir gemeldet hab. Aber … ich … es gab ein paar Probleme.«

»Ich mach mir voll die Sorgen. Die suchen dich, Eli. Die zeigen sogar dein Bild im Fernsehen.«

»Ich weiß. Ich hab nix gemacht, ich schwör’s. Aber ich trau denen nicht. Die stecken mich sofort in den Knast, weil ich doch nur auf Bewährung draußen bin. Ich will nicht im Knast sitzen, wenn das Baby kommt.«

»Aber die von der Kripo hat gesagt, dass sie dich beschützen wollen. Vor diesem Typ, der den Wohnwagen abgefackelt hat.«

»Die reden viel, wenn der Tag lang ist. Die sind alle voll link. Du verstehst das nicht. Ach, ist jetzt auch egal. Irgendwann ist’s rum. Es ist voll schön, deine Stimme zu hören.«

»Find ich auch.«

»Ich hab seit zwei Wochen nix mehr geraucht oder eingeworfen.«

»Echt? Das ist cool.«

»Und du? Wie geht’s dir und dem Baby? Alles in Ordnung?«

»Ja. Natürlich. Es tritt mich dauernd.«

»Oh Mann, Nike. Ich vermiss dich. Ich denk die ganze Zeit nur an dich und den Krümel.«

»Ich denk auch an dich. Wann … sehen wir uns?«

»Weiß nicht. Wann du willst. Ich hab jetzt ’n Auto. Ich könnt zu dir kommen oder …« Pause. »Nee. Obwohl, besser nicht. Die Bullen hängen sicher schon bei euch am Haus ab, weil sie glauben, ich wär so blöd, da aufzukreuzen.«

Pause.

»Hast du meinen Brief gekriegt?«

»Nee, hab ich nicht.«

Pause.

»Ist irgendwas mir dir? Hast du Zoff mit deinen Alten wegen mir?«

»Na ja. Klar.«

»Oh Mann. Tut mir voll leid.«

»Muss es nicht.«

Wieder eine Pause.

»Nike, ich muss Schluss machen. Ich meld mich wieder. Ganz bald, okay?«

»Eli – warte! Ich muss dir … hallo? Elias? Hallo?«

Die Aufnahme war zu Ende. Einen Augenblick herrschte Stille im Wohnzimmer der Familie Haverland. Nike saß zwischen ihrer Mutter und Pias Kollegin Merle Grumbach. Ihr Gesicht war blass, ihre Hände krampften sich um ihr Smartphone.

»Ich konnte mich nicht mit ihm verabreden«, sagte sie niedergeschlagen. »Er hat so schnell wieder aufgelegt.«

»Exakt nach 28,4 Sekunden«, meldete der Techniker, der gleichzeitig mit Pia eingetroffen war. »Er hat wohl befürchtet, sonst könnte man sein Handy orten.«

»Ich hab irgendwie das Gefühl, dass er mir nicht geglaubt hat.« Nike war verunsichert.

»Nein, das war alles in Ordnung, so, wie du das gemacht hast«, beruhigte Pia sie. »Er soll sich nicht unter Druck gesetzt fühlen.«

Der Anruf von Merle mit der Information, Elias habe soeben Kontakt aufgenommen, hatte sie um 4:57 Uhr aus dem Tiefschlaf gerissen, und sie war noch immer nicht richtig wach. Nikes Eltern schien es ähnlich zu gehen wie ihr, sie sahen auch ziemlich verschlafen aus.

»Will jemand einen Kaffee?«, erkundigte sich der Vater. Er war unrasiert, hatte rote Kaninchenaugen, und sein Haar stand in alle Richtungen von seinem Kopf ab. In die Brusttasche seines weißen Frotteebademantels war ein Hotelname eingestickt. Ob er ihn wohl in dem Hotel gekauft oder einfach hatte mitgehen lassen?

»Oh ja, gerne!«, sagten Pia, Merle und der Techniker im Chor, und Herr Haverland verschwand in Richtung Küche.



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