Im Museum: Unheimliche Begebenheiten (German Edition) by Lange Hartmut

Im Museum: Unheimliche Begebenheiten (German Edition) by Lange Hartmut

Autor:Lange, Hartmut [Lange, Hartmut]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Neue Literatur
ISBN: 9783257603125
Herausgeber: Diogenes Verlag AG
veröffentlicht: 2015-01-21T05:00:00+00:00


IV

Ich gebe zu, ich mache mir unnötige Gedanken, und ich hatte unlängst die Gelegenheit, vor einem dunklen Korridor zu sitzen. Wie es dazu kam, will ich gern erzählen. Ich gehe hin und wieder ins Deutsche Historische Museum, nicht weil mich die Rudimente, die dort ausgestellt sind, interessieren würden. Nein, die kunstvoll dekorierten Eisen- und Blechhelme, die Spieße und Musketen, die ausgebleichten Uniformen, die Gemälde und Plakate verweisen zwar auf das Vergangene, aber was hat der Besucher davon, wenn er die Hinterlassenschaft einer Zeit betrachten darf, die ihm ansonsten vorenthalten wird? Also ist man enttäuscht, geht weiter, beginnt sich zu langweilen, und irgendwann achtet man auf Dinge, die man normalerweise übersehen würde.

In der Abteilung, die der Reformation gewidmet ist, befindet sich eine Uhr. Sie ist gute zwei Meter fünfzig hoch, Räderwerk und Pendel werden durch kräftige Balken gehalten, aber das ist es nicht, was einem auffällt, vielmehr verdeckt das Gebilde einen schmal gehaltenen Gang, der sich auszudehnen scheint, obwohl dies unmöglich ist, denn nach wenigen Schritten, wenn man die Nordwand des Museums im Blick hat, ist da kein Platz mehr. Der Gang selbst ist ohne Licht, aber bis zur Mitte fällt ein schwacher Schein von außen, von den Ausstellungsräumen her, ein, der ausreicht, um den Eindruck zu erwecken, da befände sich, wie gesagt, halb versteckt hinter einer Uhr, ein Durchgang, der irgendwohin führt, eben ein dunkler Korridor.

Nun wäre damit nichts gewonnen, und solch ein Raum, der ungenutzt bleibt und in dem hin und wieder Putzeimer stehen, weil man vergessen hat, sie wegzuräumen, solch ein Raum verdient keinerlei Beachtung, und es ist kein Zufall, dass man ein Exponat, nämlich die Uhr, dorthin gerückt hat. Offensichtlich wollte man einen Teil des Museums, der sich nicht einordnen ließ, kaschieren, hatte aber doch genügend Platz gelassen, so dass es möglich war, den Korridor zu betreten, an dem ich, wenn ich vorbeikam, bei aller Flüchtigkeit schon sehr früh etwas Unstimmiges bemerkte, und als ich hellhörig wurde, als ich glaubte, von dort her eine vage, weil weit entfernte Stimme zu hören, beschloss ich, mir die Sache anzusehen.

Zunächst stand ich vor der Uhr, bewunderte die Diskrepanz zwischen dem fein gearbeiteten Zifferblatt und den groben Eisenteilen, die man tief in die Balken getrieben hatte. Was hier lediglich das Vergehen der Zeit anzeigen sollte, wirkte, da es so überdimensional groß war, einschüchternd. Ich zögerte, zwängte mich schließlich doch hinter das Holzgestell, und merkwürdig: Obwohl es mir unmöglich schien, aus dem Raum, der dahinter lag, wenn auch nur vage, so etwas wie eine Stimme zu hören, stand ich nach einer Viertelstunde immer noch da und bemerkte jetzt erst, dass man mich beobachtete. Genauer: Da ging jemand vom Aufsichtspersonal auf dem Hauptgang hin und her, wartete geduldig, bis ich mich an der Rückseite der Uhr ins Freie gezwängt hatte, und als ich auf ihn zuging, um mich, immerhin hatte ich mich unkorrekt verhalten, zu erklären, schien er amüsiert zu sein.

»Da ist nichts«, sagte er und wies in Richtung Korridor.

Ich bedankte mich, ging weiter, fest entschlossen, mich nicht irritieren zu lassen und mir



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.