Im Labyrinth der Kraft: Roman (German Edition) by Susanne Oswald
Autor:Susanne Oswald [Oswald, Susanne]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2014-09-08T00:00:00+00:00
***
"Ich liebe Deinen Körper", sagte Gana eines Tages zu mir. Es war einer dieser wundervollen Nachmittage, die wir zusammen im Bett verbrachten, uns liebend und plaudernd und uns liebend. Er lag auf meinem Bauch, und ich hatte ein Büschel seiner Haare in den Händen und strich mir damit über meine Brüste und genoss dieses sanfte Streicheln. Ich blieb zuerst stumm, aber irgendwie spürte ich, dass Gana auf eine Antwort wartete, auf eine Regung von mir. Oder dass er ganz einfach meine Stimme hören wollte, weil er sein Gesicht abgewandt hatte und meines nicht sehen konnte. SchlieÃlich antwortete ich:
"Ach weiÃt Du, ich fühle mich so alt."
Gana beschwichtigte mich nicht. "Ja", sagte er einfach. "Aber warum sagst Du das?"
Ich lieà seine Haare los und fing an, seinen Kopf zu streicheln. "Ich wäre so gerne jünger und schöner für Dich."
Gana schwieg eine Weile. Dann sagte er, sehr sachlich: "Du bist schön genug für mich." Und nach einer Weile: "Wenn ich eine Schönere wollte, würde ich zu einer Schöneren gehen. Oder zweifelst Du daran?" Er gluckste vor Lachen. Dann biss er mich sanft in den Bauch. Und ich zweifelte nicht daran.
Ein anderes Mal eröffnete ich das Gespräch: "Sag mal, Gana. Fehlt Dir eigentlich Deine Mutter nicht?"
Er blieb eine ganze Weile still, als ob er überlegte. Dann sagte er: "Früher schon, früher sehr. Aber dann hat mir mein Vater erklärt, dass es wichtig ist, dass jeder Mensch das aus sich machen kann, was er gerne sein möchte. Und ich habe verstanden, dass es weder gut für uns noch für meine Mutter gewesen wäre, wenn wir sie zurückgehalten hätten.
Ãbrigens...", er sagte das in einem Ton, als ob er sie verteidigen müsste: "...als wir klein waren, blieb sie mit uns, viele Jahre lang. Aber dann kam die Zeit, wo sie gehen musste. Und weiÃt Du", er lächelte, "es hat natürlich auch Vorteile. Wir haben unsere Freiheit."
Tatsächlich, Gana lebte in einer Familie, in der die Freiheit von allen respektiert wurde. Alles, was die Söhne mit dem Vater unternahmen, taten sie ohne Druck. Und vieles taten sie für sich und allein. So konnte Bertrand ungestört seinen Weg als Financier machen. Und Gana kam ungehindert zu mir. Denn unser Verhältnis war vor seinen Brüdern und damit auch vor seinem Vater nicht geheim zu halten. Aber niemand nahm AnstoÃ. Niemand mischte sich ein. Es war eine Angelegenheit unter selbstverantwortlichen Erwachsenen. Und dass ich mich Charles gegenüber mies verhielt, das war mein Problem. Natürlich wusste ich, dass ich es irgend einmal würde lösen müssen. Aber da ich keine Ahnung hatte, wie, verschob ich alles auf später. Und abgesehen davon: Charles war fast nie zuhause, immer unterwegs in Geschäften, die ihn und Reynolds reicher und reicher machten.
So vergingen Monate. Eines Tages, es war vor den groÃen Sommerferien, fragte mich Gana: "Was tust Du, wenn Du allein bist?"
"Wie meinst Du das?" fragte ich zurück.
"Ich nehme an, dass Du mich liebst, obwohl Du es mir nie gesagt hast."
Ich zog scharf Luft ein und wollte ihm ins Wort fallen, aber er sprach unbeirrt weiter: "Ich weiÃ, dass Du das aus Rücksicht auf mich nie gesagt hast und vielleicht war das ja auch richtig.
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