Ihm in die Augen sehen by Dardenne Sabine

Ihm in die Augen sehen by Dardenne Sabine

Autor:Dardenne, Sabine [Dardenne, Sabine]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


Achtzig Tage

Soll ich sie wecken?«

»Nein.«

Er brachte mich wieder in mein Versteck und sagte, er würde sie schlafen lassen.

Ich hatte Angst. Ich hatte nicht erwartet, das erste Mal eine neue Freundin zu treffen, die wie ich an das Bett dieses Schweins gefesselt war, und mich dann wie üblich allein in meinen Verschlag eingesperrt wiederzufinden. Woher kam sie? Ich hatte nicht gewollt, dass er sie weckte, aus Angst, es zu erfahren. Wenn er sie wie mich entführt hatte und ihre Eltern das Lösegeld bezahlten, würde sie heimkehren, erzählen, dass sie mich gesehen hatte, und er würde mich umbringen.

Am 11. August holte er mich wieder nach oben zum Essen. Wir waren zu dritt bei Tisch. Ich hoffte, mit ihr reden zu können, aber es ging ihr kaum besser als am Vortag, und er war immer da und beobachtete uns mit seinem sadistischen Gehirn.

Sie weigerte sich, von dem fertig angerichteten Teller zu essen, den er wie üblich in der Mikrowelle heiß gemacht hatte. Sie nahm nur ein Butterbrot und starrte ins Nichts. Mir war klar, dass sie noch unter Drogen stand. Die Situation wurde für mich immer seltsamer. Als ich sie am Vorabend auf dem Bett liegen sah, sagte ich mir: »Scheiße, das ist genauso wie bei mir! Ich habe um eine Freundin gebeten, und er hat sie bereits ausgezogen und angekettet? Was hat er schon mit ihr gemacht?« Gleichzeitig war ich froh, denn ich konnte diesen Typen nicht mehr ertragen! Endlich hatte ich jemanden, mit dem ich reden konnte. Das Problem meiner Verantwortung schob ich noch von mir, gefangen in der psychologischen Manipulation meines Wärters. Sie war da, ich war nicht mehr allein in dieser Hölle. Aber ich musste warten, bis sie sich erholt hatte und der Schwachkopf sie in das Versteck hinunterbrachte, so dass ich in Ruhe mit ihr reden konnte. Für mich war es ein bedeutsames Ereignis, ein Hoffnungsschimmer inmitten meiner Verzweiflung. Die düstere Zukunft, die mich erwartete, erhellte sich in Gesellschaft der »anderen« ein wenig. Wir würden zu zweit sein, er hatte versprochen, das Versteck zu vergrößern, indem er das Durcheinander auf der anderen Seite wegräumen würde. Er hatte sogar ein Waschbecken versprochen!

Inzwischen ließ er mich das Haus putzen. Ausgestattet mit einem Eimer, einem schmutzigen Lappen und Putzmittel musste ich das Bad schrubben, das Mittelzimmer, in dem wir die Mahlzeiten einnahmen, und das vordere Zimmer. Ich hatte schon einmal so geputzt, ich weiß nicht mehr, wann das war. Es hatte eine Überschwemmung gegeben, und alles war voller Schlamm. Er hatte mich als »Prinzessin« beschimpft, weil ich mich über den schmutzigen Putzlappen beklagt hatte. Dieser Typ war genauso schmutzig wie sein Putzlappen. Seit ich hier war, hatte er mir nicht einmal die Möglichkeit gegeben, das Versteck zu putzen, in dem bereits so viel Schimmel und Staub in der Luft hing, dass meine Nase ständig verstopft war. Statt dessen hatte ich von ihm Nasentropfen bekommen.

Ich stieg wieder in mein Rattenloch hinunter. Er behielt meine »Freundin« bei sich. Er hatte sie nackt durchs Haus gehen lassen wollen, aber sie hatte ihre Kleider verlangt, und schließlich hatte er nachgegeben.



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