Ich hab mich nie so leicht gefühlt by Hunt Lynda Mullaly

Ich hab mich nie so leicht gefühlt by Hunt Lynda Mullaly

Autor:Hunt, Lynda Mullaly
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: cbt
veröffentlicht: 2015-09-20T16:00:00+00:00


Verlustängste

Ich lasse mich aufs Sofa plumpsen. »Die Sox sind also zwei Punkte im Rückstand?«, frage ich Mr Murphy.

»Ja, aber man sagt nicht Punkte, sondern Runs.« Er starrt mit finsterer Miene auf den Fernseher.

»Oh.« Jetzt bin ich nervös. Er klingt verärgert.

Ich habe über ihn und den Adoptionsratgeber nachgedacht. Wenn Mrs Murphy sich dieses Buch ausgeliehen hat, dann muss sie die Idee wohl okay finden, aber ich frage mich, was er davon hält. Ob er mich überhaupt mag.

Er sitzt auf der Kante des Sofas, mit den Ellbogen auf den Knien. Die Yankees haben die Bases ohne Outs besetzt. Der Spieler, der am Schlag ist, hat eine »2« auf dem Trikot. Wie Furcht einflößend kann er mit so einer Nummer sein?

Nummer zwei schlägt den Ball und schafft ein Double. Mr Murphy schlägt sich aufs Bein. »Das gibt’s doch nicht!«, schreit er. Ich würde ihn gerne fragen, welchen Reiz es hat, Baseballspiele anzuschauen, wenn man dabei leidet.

Es klingelt. Mrs Murphy geht an die Tür und kurz darauf kommt Toni um die Ecke. Wir treffen uns in der Küche.

»Hi, Connors! Was geht ab?«, fragt Toni lächelnd.

»Die Post«, sage ich.

Mrs Murphy lacht.

»Du hältst dich wohl für unheimlich witzig, Connors. Bild dir bloß nichts ein, nur weil deine Mutter lacht. Für sie war wahrscheinlich sogar der Inhalt deiner Windeln ein Meisterwerk.«

Beim Wort Mutter blicken Mr und Mrs Murphy fragend zu mir herüber. Es wurmt mich, dass ich Toni nicht die Wahrheit gesagt habe. Je mehr ich sie mag, desto mehr fühlt sich mein Schweigen wie eine Lüge an.

Dann zieht der Fernseher Tonis Aufmerksamkeit auf sich. Sie läuft in Richtung Wohnzimmer und geht hinein. »Ja«, sagt sie. »Es gibt nichts Besseres als Baseball am Sonntagnachmittag. Immer wenn mein Papa zu Hause ist, schauen wir uns zusammen die Spiele an.«

Mr Murphy sieht aus, als wäre er bereit, sie sofort zu adoptieren. Vielleicht gewinnt sie für mich ein paar Brownies-Punkte, wenn sie sich hinsetzt und die Leistungen der begnadeten Red Sox preist.

»Und es gibt nichts Besseres«, fährt sie fort, »als zuzuschauen, wie die Red Sox von den Yankees in Grund und Boden gespielt werden. Eine Mannschaft, die seit sechsundachtzig Jahren keinen Titel mehr gewonnen hat und dann, als ihr das schließlich gelingt, so spielt, als hätte sie den Baseball erfunden, muss man doch lieben, oder?«

Aha. Die Situation erinnert mich an ein Auto, das über einer Klippe hängt und vor und zurück schaukelt.

»Sox-Fans sind doch allesamt Verlierer«, sagt sie.

Der Wagen kippt runter und fällt und fällt.

Mr Murphy dreht sich ganz langsam herum und funkelt Toni an, als hätte sie gerade eine Waffe gezogen. Sie kommt endlich dazu, ihn anzusehen, und bemerkt seine Red-Sox-Mütze und das Dropkick-Murphys-Shirt. »Oh!«, sagt sie. »Tut mir leid.«

Ich hätte nicht gedacht, dass ich Toni je vor irgendwem flüchten sehen würde, aber sie ist im Nu aus dem Wohnzimmer draußen und wieder bei mir und Mrs Murphy in der Küche.

»Ich hätte auch einiges über Yankee-Fans zu sagen«, brüllt er zu uns herüber.

»Ach, Jack.« Mrs Murphy ist amüsiert. »Denk dran, dass du hier der Erwachsene bist.«

»Du kannst wirklich gut mit Menschen umgehen«, sage ich zu Toni.



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