Ich bin's, Kitty. Aus dem Leben einer Katze by Mirjam Pressler

Ich bin's, Kitty. Aus dem Leben einer Katze by Mirjam Pressler

Autor:Mirjam Pressler
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Katzenwelt, Glück, Lebensweisheiten, Zuhause, Liebe
ISBN: 978-3-407-74928-4
Herausgeber: Beltz & Gelberg
veröffentlicht: 2018-07-14T16:00:00+00:00


20.

Sonnenschein und Mäusespeck

gibt dem Leben Sinn und Zweck.

von mir

Es war Sommer, ein warmer Sommer, und mein neues Leben, das einer Streunerin, war erst einmal gar nicht so schlecht, zumindest nicht bei gutem Wetter. Die meiste Zeit lief ich in den Gärten herum, mal mit Flecki, meiner Als-ob-älteren-Schwester, mal mit Bruno oder mit beiden, und fing Mäuse. Schließlich muss man ja von irgendetwas leben.

Als ich wieder einmal vor einem Mauseloch lauerte, fiel mir ein, dass Emma mich einmal, als ich vom Jagen nach Hause zurückkam, gefragt hatte, ob mir die armen Mäuse nicht leidtäten.

Ich hatte mit einer Gegenfrage geantwortet. »Wieso denn das? Tun dir etwa die armen Kartoffeln leid, die du gerade schälst?«

»Das ist etwas ganz anderes«, sagte sie. »Kartoffeln sind Gemüse, also hirnlos.«

»Ach ja?«, sagte ich. »Und was ist mit deinen Grillhähnchen? Dem Räucherschinken? Dem Schnitzel und dem Kotelett? Hör zu, mir fällt gerade ein passender Reim ein: Der Katze schmecken Mäuse gut, so wie’s dem Mensch ein Schnitzel tut.«

Emma lachte. Dann zuckte sie mit den Schultern und sagte: »Du hast ja recht, reden wir nicht mehr darüber.«

Und ich dachte nun, vor dem Mauseloch, vielleicht sind Mäuse ja so hirnlos wie Gemüse. Ich hatte jedenfalls keine Ahnung, was sie taten, außer Körner zu fressen und sich andauernd zu vermehren, viel schneller und viel zahlreicher als Katzen. Katzen beschäftigen sich nicht nur mit Essen und Vermehrung, sondern auch mit anderen sinnvollen Tätigkeiten. Zum Beispiel mit Dösen und Denken. Mäuse wuchsen jedenfalls ständig nach, das war sicher. In der Nähe von Häusern gab es mehr Mäuse, als die paar Katzen brauchten, die da lebten, und zum Glück waren sie dumm genug, sich fangen zu lassen.

Die Nahrung ging mir also nicht aus. Wasser trank ich aus dem Teich im Park oder aus dem Goldfischteich im Garten der hellblauen Villa. In dieser Villa lebte auch eine Katze, ein langhaariger Perserkater, der aber nichts mit uns zu tun haben wollte. Er lag den ganzen Tag in einem Sessel auf der Terrasse, auf einem Seidenkissen, und wenn ich an ihm vorbeiging, hob er nur kurz die Lider und ließ sie gleich wieder sinken. Bestimmt lebte er nur von Rinderhack und Extras. Von mir aus, soll er doch! Ich war kein bisschen neidisch auf ihn und sein langweiliges Leben. Ich fauchte ihn nur kurz an und ging weiter.

Manchmal legte ich mich irgendwo in die Sonne und schlief und träumte von Emma. Ich träumte immer von Emma. Kaum machte ich die Augen zu, sah ich sie vor mir: Emma, die sich im Korbsessel auf der Terrasse räkelt. Emma, die meine Futterschüssel füllt. Emma, die ihre Einkäufe auspackt, Emma, die die oberste Kommodenschublade aufzieht und ein Extra für mich herausholt, Emma, die abends im Bett ihr Gläschen Portwein trinkt, bevor sie sich auf die Seite legt und mich zur guten Nacht streichelt. Diese Vorstellungen nahmen mich ganz gefangen, sodass ich die Welt um mich herum vergaß. Das war nicht ungefährlich, denn ab und zu kam ein Hund wütend auf mich zu. Aber diese Tölpel sind nicht besonders schlau. Sie hecheln so laut, dass jede normale Katze früh genug aufwacht, um sich in Sicherheit zu bringen.



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