Hippokrates by Flashar Hellmut

Hippokrates by Flashar Hellmut

Autor:Flashar, Hellmut
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783406697470
Herausgeber: C.H.Beck
veröffentlicht: 2016-10-04T16:00:00+00:00


10. Chirurgie und Orthopädie

Zur Chirurgie finden sich im Corpus Hippocraticum die folgenden Schriften: Über die Wunden, Über die Kopfverletzungen, Über die Einrenkung der Gelenke, Über Knochenbrüche, Über die Hebelkraft. Ergänzend sind auch zu berücksichtigen die Schriften Über die Hämorrhoiden und Über die Fisteln.

Die Chirurgie war ursprünglich kein selbständiges Teilgebiet der Medizin und stand an Bedeutung hinter der zentralen Humoralpathologie zurück. Das war ja die große Errungenschaft: Krankheit ist Störung des Säftehaushaltes, Medizin die Wiederherstellung des Gleichgewichts der Säfte und Kräfte im Menschen. Die Chirurgie dagegen musste an die alte, vorwissenschaftliche Praktik der Wundbehandlung anknüpfen, die als Teil der Chirurgie angesehen wird. Chirurgie ist im wörtlichen Sinne diejenige ärztliche Tätigkeit, die allein mit den Händen verrichtet wird. Dabei ist der Chirurg zunächst kein Spezialist; sein Wirken gehört zu den Aufgaben eines jeden Arztes. Viele Tätigkeiten des heutigen Chirurgen waren jedoch noch nicht möglich. Angesichts des Fehlens jeder Form von Anästhesie und von klinischer Hygiene war an Organoperationen nicht zu denken. So beschränkt sich die hippokratische Chirurgie im Wesentlichen auf die Heilung von Wunden und Knochenbrüchen. Innerhalb dieser Beschränkung hat sie aber ein erstaunliches Niveau erreicht. Die entsprechenden Schriften werden auf die Wende vom 5. zum 4. Jahrhundert v. Chr. datiert, gehören also in die Zeit, in der die Mehrzahl der hippokratischen Schriften entstanden sind. Erkennbar ist, dass sich um diese Zeit mit der Chirurgie eine gewisse Spezialisierung anbahnt.[1]

Der Autor der Schrift Über die Wunden beginnt ohne eine allgemeine Einleitung mit der Empfehlung, Wunden nicht anzufeuchten, sondern auszutrocknen, und zwar möglichst ohne Verband. Mag man darin die Ahnung von einer Asepsis sehen, eine Beseitigung von im Trockenen nicht wachsenden Keimen, so liegt aber zugleich ein Rekurs auf die Säftelehre vor, denn «das Trockene steht dem Gesunden näher und das Feuchte dem Ungesunden» (Kap. 1, VI 400 L.). Entsprechend wird empfohlen, für den Ausfluss von Blut und Eiter zu sorgen, aber auch eine Einschränkung der Nahrungsaufnahme vorzunehmen, damit der Wunde nicht erneut Feuchtigkeit zugeführt wird. Auch das Auflegen eines ziemlich trockenen Schwammes ist zuträglich, der die Feuchtigkeit in der Gegend der Wunde aufzunehmen vermag, während vom Bestreichen der Wunde mit Olivenöl abgeraten wird. Auch dass die Wunden in der warmen Jahreszeit erträglicher sind, hängt mit der dann herrschenden Trockenheit zusammen. Ähnliches gilt für Schwellungen und Höhlungen, die sich neben einer Wunde bilden, wobei in ähnlicher Weise für eine Reduzierung der Feuchtigkeit gesorgt werden soll, bei Bedarf durch einen Schnitt an geeigneter Stelle (Kap. 10, VI 408 L.). Wie oft in den hippokratischen Schriften, werden im zweiten Teil zahlreiche Mittel zur Wundtherapie genannt, Kräuter der verschiedensten Art, Fette und Öle, trockene Salzkörner, fetthaltige Wolle und orchomenisches (also aus Orchomenos in Böotien stammendes) Streupulver, gekochte Wurzeln der Steineiche und viele andere mehr. Von operativen Tätigkeiten ist in dieser Schrift kaum die Rede, allenfalls von Einschneiden oder Einstechen der Krampfader am Bein oder vom Öffnen einer Ader (Kap. 25–26, VI 430 L.).

Näher an den chirurgischen Bereich führt die Schrift Über die Kopfverletzungen. Sie beginnt mit der lapidaren Feststellung: «Die Köpfe der Menschen sind einander durchaus nicht ähnlich» (Kap.



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