Himmelblau (Elfenblüte, Teil 1) by Julia Knoll

Himmelblau (Elfenblüte, Teil 1) by Julia Knoll

Autor:Julia Knoll
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2015-03-05T00:00:00+00:00


***

Am nächsten Morgen war Alahrian schon sehr früh vor der Schule, um sicherzugehen, Lilly noch vor dem Unterricht abzupassen. Genau genommen wartete er schon seit Sonnenaufgang, offensichtlich ein bisschen zu früh, aber er hatte nicht warten können, ungeduldig wie er war.

Als sie dann endlich um die Ecke bog, befand sie sich in Begleitung Anna-Marias, wie leider allzu oft. Dieses eine Mal jedoch ließ er sich nicht davon abhalten und steuerte schnurstracks auf die Mädchen zu.

»Hallo«, begrüßte er sie alle beide, sein Lächeln allerdings galt nur Lillian. Auch seine Höflichkeit kannte ihre Grenzen.

»Morgen.« Lillys Augen strahlten, während sich Anna-Maria mit einem Schulterzucken trollte.

»Ich wollte mich noch bei dir bedanken«, meinte Alahrian, kaum dass sie allein waren. »Es war wirklich sehr … nett, was du gestern für mich getan hast.«

»Aber das war doch nichts!« Abwehrend hob sie die Hand. »Geht's dir denn jetzt wieder gut?«

Das war mehr als nur eine Floskel. Alahrian blickte in den Himmel empor, wo sich einzelne goldene Strahlen durch die Wolken kämpften, und dachte an das herrlich üppige Morgenrot, das er während des Sonnenaufgangs in sich aufgesogen hatte. Plötzlich wünschte er sich, er könnte einmal einen Sonnenaufgang mit Lillian teilen, an ihrer Seite beobachten, wie der glühende Feuerball die samtene Schwärze der Nacht voll majestätischer Schönheit hinwegschmolz. Auch Sterbliche waren empfänglich für diese Art von Schauspiel und sie gewiss …

Laut sagte er nur: »Ja, alles gut.«

»Wie schön!« Munter lief sie an seiner Seite zum Haupteingang des Schulgebäudes, so selbstverständlich, als kämen sie jeden Tag zusammen zum Unterricht. Alahrian wünschte sich, es wäre so.

»Ich hoffe, du bekommst keinen Ärger«, meinte er, auf Herrn Kramers schlechte Laune von gestern anspielend.

»Bestimmt nicht.« Es schien sie nicht groß zu kümmern.

»Weißt du … wenn ich einmal etwas für dich tun kann …« Er wusste nicht so recht, wie er es formulieren sollte.

»Du hast mich vor einem wild gewordenen Wildschwein gerettet!« Lilly lächelte ihn an. »Ich denke, das ist mehr als genug.« Einen Moment lang zögerte sie, dann schien ihr etwas einzufallen. »Aber da wäre tatsächlich etwas«, bemerkte sie mit einem schiefen Grinsen.

»Ja?«

Sie legte den Kopf schräg, sah ihn mit großen Augen an und meinte etwas zögerlich: »Hast du die Lateinübersetzung gemacht?«

»Sicher.« Das war simpel genug, um ihn ein wenig zu irritieren.

»Kann ich sie haben?«

»Natürlich!« Stolz wühlte Alahrian in seiner Tasche nach dem Heft. Latein war sein bestes Fach. Er war zu einer Zeit in diese Welt gekommen, als die Gelehrten an den Universitäten diese Sprache noch als Umgangssprache benutzten und die Mönche in den Klöstern auf Latein in ihre Bücher schrieben. Er hatte also unverhältnismäßig mehr Übung als alle anderen darin. Aber das, so dachte er versonnen, musste er ihr ja nicht unbedingt erzählen. Zumindest jetzt nicht. … Noch nicht …



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