Heilige Scheiße: Wären wir ohne Religion wirklich besser dran? by Stefan Bonner & Anne Weiss

Heilige Scheiße: Wären wir ohne Religion wirklich besser dran? by Stefan Bonner & Anne Weiss

Autor:Stefan Bonner & Anne Weiss [Bonner, Stefan]
Die sprache: de
Format: mobi
Herausgeber: Bastei Luebbe
veröffentlicht: 2011-08-18T16:00:00+00:00


»Das also ist das Werteverständnis der katholischen Kirche: Kondom beim Sex? – Um Gottes willen. Das Befummeln von Kindern, ihre systematische Vergewaltigung und Folterung? Nun ja, wir sind schließlich alle fehlbar.«

Karen Duve

Um fair zu bleiben: Jeder Unternehmer und Geschäftsführer wird bestätigen, dass es verdammt schwer ist, eine Firma mit eingefahrenen Strukturen auf den neusten Stand zu bringen. Wie soll das also erst bei einem Global Player sein, der seit über zweitausend Jahren im Geschäft ist? Dies ist wohl der Grund dafür, dass sich sowohl die katholische Bischofskonferenz wie auch die ekd bereits Unternehmensberater wie McKinsey ins Haus geholt haben, die konstatierten, die Kirche sei als Marke »beneidenswert attraktiv«, aber auch »dramatisch gefährdet«.

Selbst die vermeintlich relaxtere evangelische Kirche tut sich mit ihren Altlasten schwer. Es fängt schon beim vielgepriesenen Augustinermönch Martin Luther an, den die Protestanten bis heute zum Helden verklären – der war nämlich nach heutigen Maßstäben ein echtes Ekelpaket. Er unterstützte die Hexenverfolgungen – »Die Zauberinnen sollst du nicht leben lassen ... Es ist ein gerechtes Gesetz, dass sie getötet werden, sie richten viel Schaden an«, heißt es in einer seiner Predigten von 1526. Behinderte wollte Luther ersäufen, denn sie seien »wahre Teufel«, Ehebrecher wollte er mit dem Tode bestrafen, und für Frauen sei es nur recht, wenn sie an den Folgen der Niederkunft stürben: »Der Tod im Kindbett ist nichts weiter als ein Sterben im edlen Werk und Gehorsam Gottes. Ob die Frauen sich aber auch müde und zuletzt tot tragen, das schadet nichts. Lass sie nur [...], sie sind darum da.« Auch aus seinem Judenhass machte er keinen Hehl. So plädierte Luther dafür, »dass man ihre Synagoge oder Schule mit Feuer anstecke, und was nicht verbrennen will, mit Erde überhäufe und beschütte, dass kein Mensch einen Stein oder Schlacke davon sehe ewiglich«. Der Psychiater und Philosoph Karl Jaspers stellte 1962 trocken fest: »Hitler hat Luthers Ratschläge gegen die Juden genau ausgeführt.« Kann man den Bibelübersetzer und Ablasskritiker Luther von dem Antisemiten und Menschenfeind trennen – oder müsste man sich von Kirchenseite nicht wenigstens vernehmbarer zu den schrägen Ansichten ihrer Gründerfigur äußern?

Auch in anderen Winkeln evangelischer Überzeugungen verbergen sich altbackene Dogmen, die sich nicht sonderlich vom konservativen Katholizismus unterscheiden. In einer Orientierungshilfe der ekd mit dem Titel »Mit Spannungen leben« aus dem Jahr 1996 heißt es unter anderem zum Thema Schwulenehe: »Für gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften kann jedoch eine Übereinstimmung mit dem Willen Gottes aufgrund von Schrift und Bekenntnis so nicht behauptet werden. Darum wird ausdrücklich festgestellt: Die Segnung einer homosexuellen Partnerschaft kann nicht zugelassen werden.«

Als das Parlament der ekd vierzehn Jahre später in einem neuen Pfarrdienstgesetz lesbischen Pfarrerinnen und schwulen Pfarrern dann doch erlauben wollte, zusammen mit ihrem Partner im Pfarrhaus zu leben, gab’s Ärger: Acht Altbischöfe gingen auf die Barrikaden und sorgten innerhalb ihrer Kirche für einen der größten Aufstände seit langem. »Die Gründe der Heiligen Schrift, mit denen die Kirche Homosexualität als widernatürlich und schöpfungswidrig zu beurteilen hat, sollten auch von denen ernst genommen werden, die sie ihrerseits ablehnen«, ließen die Aufständischen verlautbaren. Der Initiator der Rebellion,



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