Go for It! by Emmy Abrahamson

Go for It! by Emmy Abrahamson

Autor:Emmy Abrahamson [Abrahamson, Emmy]
Die sprache: deu
Format: azw3, mobi, epub
Herausgeber: dtv Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München
veröffentlicht: 2014-09-27T22:00:00+00:00


20

»Brecht, Brecht, Brecht«, murmelte Filippa. »Ich kann mich immer noch nicht entscheiden, ob ich ihn mag oder nicht.«

Sie drehte das schmale Bändchen mit dem Stück um und schaute sich das Schwarz-Weiß-Foto auf der Rückseite an. Der Mann darauf erinnerte an einen ernsten Fabrikarbeiter, der sich die Lesebrille seiner Tante ausgeliehen hatte. Dann kam Geoffrey und ließ sie die Stühle und ovalen Tische aus dem Nachbarzimmer holen, was bisher noch nicht vorgekommen war. An der RoyDram an einem Tisch zu sitzen fühlte sich fremd an, erwachsen irgendwie und nicht ganz richtig.

»Holt das Stück und einen Stift heraus!«, sagte Geoffrey.

Danach saßen sie zwei Stunden über den Text gebeugt und strichen die Szenen, die sie im Kaukasischen Kreidekreis für entbehrlich hielten.

»Gut, legt das Zeug weg!«, sagte Geoffrey. »Wir haben noch was anderes vor.«

Die Klasse schaute auf. Filippa hoffte im Stillen, dass Geoffrey sie ein Rudel schlafende Löwen spielen ließ. Doch er ließ nur seinen Blick über die Köpfe schweifen, bis er bei Relic innehielt.

»Relic«, sagte er. »Was hat Relic für gute Eigenschaften? Als Schauspieler, meine ich. Als Privatperson geht er mir am Arsch vorbei.«

Niemand traute sich, etwas zu sagen.

»Er sieht ziemlich gut aus«, sagte schließlich eins der Mädchen.

Relics Wangen wechselten die Farbe, und sein Blick wurde leicht flattrig.

»Seit wann ist gut auszusehen eine Eigenschaft, du Nase?«, sagte Vern.

»Schon immer«, hielt Paul dagegen.

»Stimmt«, sagte Geoffrey. »Stimmt genau. Für einen Schauspieler ist Relics Aussehen ganz klar von Vorteil. Aber mich interessiert weniger das Äußerliche.«

»Er ist zuverlässig«, sagte jemand. »Man kann sich auf ihn verlassen.«

»Er kommt nie zu spät.«

»Es ist hilfsbereit.«

»Er ist kein Tagträumer. Er ist eigentlich immer bei der Sache.«

»Gut«, sagte Geoffrey. »Und wie steht’s mit Alyson?«

Einen nach dem anderen gingen sie die Klasse durch, und jeder erfuhr, was die anderen für seine positiven Eigenschaften hielten. Und irgendwann war auch Filippa an der Reihe.

»Und Filippa? Ihre guten Seiten?«

Filippa dachte erst, die darauffolgende Stille werde niemals enden. Es war fast noch schlimmer als damals, als Donatella die ganze Klasse ihre Art zu gehen nachmachen ließ.

»Sie ist intelligent«, sagte Ruth.

Filippa sah sie mit großen Augen an. Intelligent! Das war das größte Kompliment, das sie sich überhaupt vorstellen konnte. In Geschichte hatte sie mal Napoleon und Bonaparte für zwei verschiedene Personen gehalten, und jetzt das! Intelligent! Sie, Filippa, die »bonkers« so lange für ein anderes Wort für »tired« gehalten hatte, bis Bridget sie eines Abends höflich fragte, ob sie nicht eher müde von der RoyDram nach Hause komme als durchgeknallt. Noch vor Kurzem hatte sie Tasmanien für ein Fantasy-Land gehalten …

»Stimmt, sie ist klug«, sagte Alyson.

»Und arbeitet hart«, sagte jemand.

Filippa war kurz davor, in Tränen auszubrechen.

»Sie ist immer positiv«, sagte Anna lächelnd.

»Man kann auch gut mit ihr zusammenarbeiten«, sagte Russell.

Filippa spürte einen dicken Kloß im Hals und hatte plötzlich großes Verständnis für alle, die bei der Entgegennahme der Oscar-Statue hemmungslos heulten.

Dann war es endlich vorbei, und Geoffrey sagte:

»Ich möchte, dass ihr euch morgen, wenn wir das Stück ernsthaft zu proben beginnen, an all diese guten Eigenschaften eurer Mitschüler erinnert. Wir sehen uns!«

Filippa war immer noch tief berührt, als sie nach der Stunde mit knapp der Hälfte der Klasse in den Pub ging.



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