Gestern Nacht im Taxi by Bors Sascha

Gestern Nacht im Taxi by Bors Sascha

Autor:Bors, Sascha [Bors, Sascha]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783863588328
Herausgeber: Emons
veröffentlicht: 2015-03-03T16:00:00+00:00


Pärchen die Zweite

Man darf mich ob dieser Aussage gerne für ein Weichei halten, aber ich finde Streit im Taxi doof. So ein Auto ist schon im Alltag eng genug und es fühlt sich noch eine ganze Spur enger an, wenn die Situation ungemütlich wird. Entsprechend vermeide ich Streit ganz bewusst und ich vermute, dass das meine Kunden normalerweise zu schätzen wissen. Schwieriger wird es, wenn sich die Fahrgäste untereinander streiten, denn darauf habe ich nur wenig Einfluss. Und streitende Pärchen sind zweifelsohne die Königsklasse im Schlagabtausch-Ungemütlichkeitswettbewerb.

Klassisch furchtbar ist zum Beispiel, wenn einer von zwei Fahrgästen Streit sucht und man das als Taxifahrer vor dem Adressaten erfasst. So war das bei einem Paar um die 60, bei dem der Mann einfach nicht an sich halten konnte. Und wie der erbarmungslose Zufall es wollte, handelte es sich um eine vergleichsweise lange Strecke von sicher gut zehn Kilometern quer durch die ganze Innenstadt. Und, holla die Waldfee, war der Kerl unangenehm! Wie aus dem Nichts begründete er seine schlechte Laune damit, dass es »halt blöd sei, wenn einer die ganze Arbeit macht und der andere nur zu Hause hockt«. Und während ich noch glaubte, mich eventuell nur verhört zu haben, konkretisierte er das umgehend, um ja keine Zweifel offen zu lassen:

»Ich sagte, dass es blöd ist: Ich mache die ganze Arbeit und du sitzt nur zu Hause!«

Seine (zumindest früher mal) Liebste sprang selbstverständlich umgehend auf diese Provokation an und giftete umstandslos zurück. Meine Gedanken kreisten um die Frage, ob ich mich an der Entsorgung einer Leiche beteiligen müsste, wenn die Fahrt zu Ende wäre. Stattdessen ging das einfach nur weiter und weiter. Die ganze lange Fahrt über haben sie sich gegenseitig weiter aufgestachelt, während ich mir wünschte, das einfach ignorieren zu können. Aber darin bin ich ehrlich gesagt noch nie sonderlich gut gewesen. Diese Fahrt sollte ohne Explosion zu Ende gehen, gerechnet hatte ich mit einer solchen aber buchstäblich jede Sekunde. Schwitzend und nervös aufs Lenkrad klopfend versuchte ich, so schnell wie möglich ans Ziel zu kommen. Hier eine Ampel bei Quasi-Kirschgrün, dort 20 Stundenkilometer schneller als erlaubt. Darum bemüht, anzukommen, bevor das Pulverfass explodiert. Nach solchen Fahrgästen mache ich noch heute eine kurze Pause.

Eine kleine Steigerung gibt es freilich: Wenn man als Fahrer ins Geschehen involviert wird. So verabschiedete sich eine mehr als nur aufbrausende junge Frau auf mein »Schönen Abend noch!« mit »Na, den werde ich jetzt ja ganz bestimmt nicht haben!«. Hintergrund war ein Streit mit ihrem Freund darüber, wo ich die beiden hinbringen sollte. Zum »Tresor« oder nach Hause. Sie wollte heim, er wollte noch tanzen. Ich hab mich trotz vielfacher Bitten von beiden Seiten rausgehalten und war am Ende natürlich schuld an allem.

Nicht wirklich nach Beziehung sahen zwei junge Männer aus, die mich geradezu aggressiv auf einer Straße in Hohenschönhausen stoppten. Es war schon hell, die beiden Angetrunkenen versuchten, mich zu einem günstigen Fahrpreis nach Schönefeld zu überreden. Weil sie das gemeinsame Gespräch immer wieder unterbrachen, um miteinander auf Russisch zu tuscheln, war mir die Sache nicht sonderlich geheuer.



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