Gehen oder Bleiben? by Nora Laemmermann & Simone Hoeft

Gehen oder Bleiben? by Nora Laemmermann & Simone Hoeft

Autor:Nora Laemmermann & Simone Hoeft [Laemmermann, Nora & Hoeft, Simone]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783838747835
Google: 0VkdAgAAQBAJ
Barnesnoble:
Herausgeber: BASTEI LÜBBE
veröffentlicht: 2014-03-24T23:00:00+00:00


18:00. Zurück in Feulenitz. Auf Benno Frankes Hof

Ich bin zu allem entschlossen. In den vergangenen zwei Stunden habe ich mich in eine Wut hineingesteigert, dass die Erynnien im Vergleich zu mir als sanfte Engel durchgehen würden. Wie können diese Dorftrutschen es wagen, über mich zu urteilen? Und vor allem, warum?! Was habe ich ihnen getan?! Wenn ich einen von ihnen umgebracht hätte, könnte das kaum pikiertere Reaktionen hervorrufen als der Verdacht, ich könnte einem aus ihren Reihen näher kommen, als ihnen aus welchem Grund auch immer lieb ist. Benno macht sich gerade im halbdunklen Hof mit Taschenlampe und Zange an seinem Trecker zu schaffen, als ich um die Ecke biege. Er leuchtet mir ins Gesicht, so dass ich mir schützend die Hände vor die Augen halte. »Du bist’s! Ick hatte schon Angst, du kommst nicht mehr«, spöttelt er. Er knipst die Lampe aus. Geblendet sehe ich in der Dunkelheit nichts, spüre nur, dass Benno zwei Sekunden später bei mir ist und mich an den Schultern packt. »Ick hoffe, dir ist klar, dass ich dich heute nicht einfach so die Biege machen lasse«, sagt er leise. »Völlig klar«, antworte ich heiser. Mir ist alles egal. Vielmehr: Ich will ihn hier und sofort. Eine gute Gerüchteküche braucht Vorräte. Die sollen sie jetzt bekommen, die biederen Dorfschnepfen. Wieso soll ich mir etwas versagen, dessen ich sowieso schon angeklagt bin? Ich lasse mich von Benno in Richtung Stall schieben, er drängt mich an die gemauerte Wand, zieht mir den Kopf an den Haaren leicht in den Nacken und küsst mich auf den Hals, der sich ihm entgegenbiegt. Gänsehaut breitet sich mit rasender Geschwindigkeit auf meinem ganzen Körper aus. Ich habe das Gefühl, gleich wahnsinnig zu werden. »Genau das wollte ich schon vor dreißig Jahren tun«, murmelt er mir heiser ins Ohr. »Aber damals …« – Benno küsst mich. Er nestelt jetzt mit seiner freien Hand unter meinem Mantel an der Bluse herum. Seine Geduld reicht nur für einen Knopf, die übrigen öffnet er mit einem kurzen heftigen Ruck. Ich höre die Knöpfe mit leisen klickenden Geräuschen über das Hofpflaster springen. Ich denke daran, dass die Bluse aus Seide ist und teuer war. Stelle mir ganz kurz vor, wie eine Handvoll schnüffelnder Anstandsdamen auf allen vieren den Hof nach Indizien absucht und eine von ihnen triumphierend einen meiner verräterischen Perlmuttknöpfe emporhält. Doch Benno sorgt dafür, dass ich im nächsten Moment jegliche Gedanken und Bilder bis auf Weiteres aus meinem Kopf verbanne, indem er mir die Träger meines BHs über meine Schultern nach unten zieht. Er schiebt mit dem Fuß neben mir die schwere Holztür des Stalls auf, der uns gnädig verschluckt, bevor ich vollständig die Contenance verliere.



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