Gefahr im Roten Meer by Patrick O'Brian

Gefahr im Roten Meer by Patrick O'Brian

Autor:Patrick O'Brian [Patrick O'Brian]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 978-3-8437-0882-1
Herausgeber: Ullstein
veröffentlicht: 2015-06-10T16:00:00+00:00


Als er den Major verabschiedet hatte, kehrte Jack keuchend in seine Kajüte zurück, wo die Luft mit Macht durch die offenen Fenster strömte, aber keinerlei Erfrischung brachte. In der Ferne, vor einer Reihe hoher, im Wind gebeugter Palmen, sah er Stephen und Martin gemeinsam eine ziemlich große Schildkröte herbeischleppen. Ein Boot kam längsseits: wieder ein arabischer Besucher für Mr. Hairabedian. Durch das offene Oberlicht hörte er Mowett dichten: »Ich wand’re so gern durch entlaubten Wald, wo kalt und schrill der Winterwind weht«, und aus irgendeinem Grund stand ihm plötzlich das Bild des Mondes von letzter Nacht vor Augen – nicht länger die dünne Sichel des Bairamfestes, sondern eine abscheulich dicke, himmlische Melonenscheibe, die ihr grelles Licht bestimmt auch auf die inzwischen weit nach Mubara vorgedrungene Galeere warf. Und doch haben wir bei der Durchquerung der Landenge keine Minute verloren, sagte er sich. Da habe ich mir nichts vorzuwerfen. Aber vielleicht hätte er den Ägypter taktvoller behandeln sollen, hätte trotz seines Widerstands einen Weg finden müssen, um die Türken früher und geschickter zu alarmieren; immer wieder grübelte er über versäumte Gelegenheiten nach, bis Schläfrigkeit in ihm aufstieg und die Selbstvorwürfe etwas milderte. ›Auch die bestgeführten Mäuse verirren sich‹, sagte die eine Hälfte seines Gehirns und bevor die andere die Antwort formulieren konnte, ›ja, aber glücklose Anführer sollten nicht mit heiklen, schlecht vorbereiteten Missionen betraut werden‹, fiel er in Schlaf. Doch der Einwand lauerte weiter in seinem Unterbewußtsein, jederzeit bereit, wieder an die Oberfläche zu steigen.

Schon früh in seiner Laufbahn hatte er die Fähigkeit entwickelt, jederzeit fest einschlafen zu können, und sie war ihm erhalten geblieben, obwohl er seit Jahren nicht mehr Wache gehen mußte. Immer noch konnten ihn weder starker Lärm noch andere Störungen wecken, dazu brauchte es schon einen größeren nautischen Zwischenfall. Ein Kokostisch, der, von schrillem indischem Geschrei begleitet, übers Deck gezerrt wurde, reichte nicht aus, auch nicht das Geräusch seines eigenen Schnarchens – denn sein Kopf war mit offenem Mund in den Nacken gesunken – oder der Geruch türkischer Speisen, der bei Einbruch der Dämmerung nach achtern wehte. Was ihn weckte, und zwar sofort weckte, war eine Windänderung: Die Brise war um zwei Strich umgesprungen, abgeflaut und kam jetzt böig ein.

Er begab sich auf das kleine Achterdeck, wo sich ungewohnt viele Menschen drängten. Die Türken und Araber, die zwar nichts verstanden, sich aber an Bord sehr zahm aufführten, wurden von den Offizieren sogleich zur Leereling geführt. Die Luvseite blieb frei für Jack, der den Abendhimmel studierte, die aufgerissene Wolkendecke hoch über Afrika und die dunstverhüllte arabische Küste. Er spürte, daß ein Wetterwechsel bevorstand. Ähnlich ging es auch einigen Vordecksgasten der Surprise, älteren Männern mit reicher See-Erfahrung. Sensibel wie Katzen auf jede Veränderung reagierend, säumten sie das Seitendeck und warfen ihm vielsagende Blicke zu.

»Mr. McElwee«, fragte Jack den Kompanielotsen, »was halten Sie und der Serang davon?«

»Tja, Sir«, antwortete Mr. McElwee, »wie schon gesagt, war ich noch nicht oft nördlich von Dschidda oder Janbo, auch der Serang nicht, aber es sieht uns ganz nach einer nächtlichen Flaute aus, mit einem aufkommenden Ägypter morgen früh.



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